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Aus: Ausgabe vom 22.04.2025, Seite 7 / Ausland
Venezuela

Bukele reizt es aus

Nach Inhaftierung vermeintlicher venezolanischer Bandenmitglieder will El Salvadors Präsident rechte Oppositionelle freipressen
Von Volker Hermsdorf
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Eine Puppe Bukeles wird statt des traditionellen Judas am Sonntag in Caracas verbrannt

El Salvadors ultrarechter Staatschef Nayib Bukele hat Venezuelas Präsidenten Nicolás Maduro eine Art Gefangenendeal vorgeschlagen. Der enge Vertraute Donald Trumps bietet an, 252 aus den USA in das berüchtigte salvadorianische Massengefängnis »Centro de Confinamiento del Terrorismo« (Cecot) abgeschobene Venezolaner gegen eine gleiche Zahl in Venezuela einsitzender »politischer Gefangener« auszutauschen. Bukele habe damit zugegeben, dass er die deportierten Migranten »als Geiseln« halte, reagierte der Generalstaatsanwalt der Bolivarischen Republik, Tarek William Saab, auf den Vorschlag. Bei den angeblichen politischen Gefangenen in Venezuela handele es sich um Personen, die wegen Gewalttaten bei Ausschreitungen nach den Präsidentschaftswahlen vom 28. Juli vergangenen Jahres in Venezuela strafrechtlich belangt worden seien.

In einer am Sonntag (Ortszeit) auf X veröffentlichten Erklärung prangerte Saab an, dass die »illegal aus den USA abgeschobenen Venezolaner in einem salvadorianischen Internierungslager unter Bedingungen des Verschwindenlassens« gehalten würden. Er forderte Bukele auf, die Inhaftierten sofort freizulassen. Dessen Vorstoß beweise, dass er selbst außerhalb des Gesetzes stehe und »tyrannisch darüber entscheide, wer in El Salvador Leben und Freiheit genießen darf und wer nicht«. Der Generalstaatsanwalt forderte eine vollständige Liste mit der Identifizierung aller in El Salvador inhaftierten Landsleute und ihrem Rechtsstatus an. Darüber hinaus verlangte er für jeden von ihnen Lebensbescheinigungen und medizinische Berichte. Die Behandlung von Migranten in den Vereinigten Staaten und in El Salvador stelle eine schwere Verletzung der internationalen Menschenrechte dar und sei ein Verbrechen gegen die Menschheit, das die abscheulichen Nazipraktiken nachahme, sagte Saab.

Bukele, der sich selbst als »coolsten Diktator der Welt« bezeichnet, erwiderte, alle Venezolaner, »die wir in Gewahrsam haben, wurden als Teil einer Operation gegen Gangs in den USA festgenommen«. Die US-Regierung hatte die Abgeschobenen beschuldigt, Mitglieder der beiden lateinamerikanischen Banden MS-13 und »Tren de Aragua« zu sein, ohne dafür Beweise zu präsentieren. Eine Untersuchung der Agentur Bloomberg kam zu dem Ergebnis, dass 90 Prozent der in den salvadorianischen Megaknast abgeschobenen Einwanderer in den USA nicht vorbestraft waren.

Im Fall des mit einer US-Bürgerin verheirateten Einwanderers Kilmar Ábrego García hatten US-Gerichte bestätigt, dass er »irrtümlich« abgeschoben wurde. Während der Oberste Gerichtshof die Unterstützung seiner Rückkehr angeordnet hatte, erklärte Bukele bei einem Besuch im Weißen Haus vor einer Woche allerdings, dass er nicht vorhabe, ihn zurück in die USA zu schicken. Er räumte ein, dass er die Freilassung des zu Unrecht Deportierten zwar anordnen könnte, dies aber nicht tun werde. »Wir wollen keine Terroristen in unserem Land freilassen«, antworte Bukele auf Nachfrage von Journalisten. »Im Gegensatz zu unseren Gefangenen, von denen viele einen Mord oder eine Vergewaltigung begangen haben«, hätten »Ihre politischen Gefangenen kein Verbrechen begangen«, warf Bukele nun der Regierung in Caracas vor. »Sie sind nur deshalb inhaftiert, weil sie sich gegen Ihren Wahlbetrug gestellt haben«, behauptete er und forderte unter anderem die Auslieferung von Angehörigen der rechten venezolanischen Opposition sowie von »Aktivisten«. Ohne Details zu nennen soll der Austausch auch »fast 50 inhaftierte Bürger anderer Nationalitäten« umfassen, darunter US-Amerikaner, Argentinier, Chilenen und Deutsche.

Unterdessen konnte die New Yorker Bürgerrechtsorganisation American Civil Liberties Union (ACLU) einen kleinen Erfolg verbuchen. Ihrem Eilantrag gegen die Abschiebung weiterer derzeit im US-Bundesstaat Texas inhaftierter Migranten aus Venezuela wurde am Sonnabend durch den Obersten Gerichtshof stattgegeben. Die Regierung werde angewiesen, »bis zu einer weiteren Anordnung dieses Gerichts keine Mitglieder der mutmaßlichen Gruppe von Häftlingen« auszuweisen, hieß es in der Gerichtsanordnung. Zuvor hatte die ACLU am Freitag abend in ihrem Antrag erklärt, dass einer Gruppe von Venezolanern mitgeteilt worden sei, dass sie »noch heute abend abgeschoben werden«. Viele Menschen seien bereits in Busse gesetzt worden, hieß es.

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