Immer noch die größte Geschichte
Von Marc Hairapetian
Papst Franziskus stirbt ausgerechnet an Ostern. Was will uns der Herr damit sagen? Es ist auch eine Ironie des Schicksals, dass »Der König der Könige« – nicht zu verwechseln mit Cecil B. DeMilles monumentalem Stummfilm von 1927 und Nicholas Rays Technirama-Spektakel von 1961, die beide unter dem Titel »König der Könige« das Leben und Sterben von Jesus Christus auf Zelluloid bannten – nun wenige Tage nach dem höchsten kirchlichen Feiertag in die hiesigen Kinos kommt. Schon jetzt ist die südkoreanische Produktion, die über die Angel Studios (der Name ist hier Programm) von Utah aus in die restliche irdische Welt entsendet wurde, mit einem derzeitigen Einspielergebnis von 51,7 Millionen US-Dollar der erfolgreichste Anime mit christlicher Thematik der Filmgeschichte. Vorlage ist übrigens Charles Dickens’ Roman »The Life of Our Lord«, der zwischen 1846 und 1849 exklusiv für die Kinder des Schriftstellers geschrieben und erst Anfang der 1930er Jahre, mehr als 60 Jahre nach seinem Tod, veröffentlicht wurde.
Das Erfolgsrezept des Films? Jede Menge Hollywoodstars als Sprecher (in der OV) und eine Rahmenhandlung, in der ein hyperaktiver Junge mit seiner leicht übergewichtigen Katze in »Die größte Geschichte aller Zeiten« einsteigt, um den Passionsweg des Gottessohnes hautnah zu verfolgen. Charles Dickens (Stimme: Kenneth Branagh) versucht, seine »Weihnachtsgeschichte« vor einem Theaterpublikum aufzuführen, wird jedoch ständig von seinem Sohn Walter (Roman Griffin Davies) unterbrochen, der mit Hilfe seiner Katze Willa (Dee Bradley Baker) hinter der Bühne lautstark die Heldentaten von König Artus und Gefolge nachspielt.
Dickens Ehefrau Catherine (Uma Thurman) schlägt dem erzürnten Genius vor, Sohn Walter von seiner Obsession für die Tafelrunde abzubringen, indem er ihm eine andere Story über einen noch größeren König als Artus erzählt: Jesus Christus (Oscar Isaac), den »König der Könige«. Walter beginnt sich dabei vorzustellen, selbst Teil der Ereignisse zu sein. Er und Katze Willa erleben die verschiedenen Stationen des Leben Jesu sozusagen leibhaftig mit: seine Geburt, sein Wirken, Passion und Auferstehung. Das ergriffene Kind kündet im Anschluss seinen Geschwistern davon. Und sein Vater beschließt, das Leben Jesu für (seine) Kinder niederzuschreiben …
Obwohl es sich um einen südkoreanischen Film handelt, wurden die visuellen Effekte vom Animost Studio in Vietnam erstellt. Die Postproduktion erfolgte in den Sunjive Studios in Adelaide. Und die Synchronsprecher sind US-amerikanisch und britisch. Neben Oscar Isaac als Jesus mit einfühlsamem Timbre sind unter anderen noch Pierce Brosnan (Pontius Pilatus), Mark Hamill (König Herodes) oder Ben Kingsley (Kajaphas) mit von der Partie. »König der Könige« im Jahr 2025: keine religiöse Gehirnwäsche, sondern ein mit humorvollen Einlagen gespickter, erstaunlich unkitschiger Animationsfilm für die ganze Familie, dessen Unterhaltungswert sogar Atheisten oder Dickens-Jünger anerkennen können.
»Der König der Könige«, Regie: Seong-ho Jang, Südkorea 2025, 103 Min., Kinostart: heute
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