Umbauriege
Von Arnold Schölzel
Wahrscheinlich nehmen die am Montag von CDU und CSU nominierten Bundesminister in der kommenden Woche am Kabinettstisch Platz. Sicher ist das nicht, schon gar nicht, wie lange sie dort bleiben werden. Die »Unsicherheit und Verunsicherung der Bevölkerung«, die Friedrich Merz am Montag auf dem kleinen CDU-Parteitag beklagte, ist zum Markenzeichen des Kapitalismus der westlichen Welt geworden – bei gleichen Tendenzen zu Kettensägenphantasien und Militarismus.
Auf der subjektiven Seite heißt das: Die Wahlvölker in den G7-Staaten wissen, dass das Führungspersonal sie nicht aus den vielfältigen Krisen führen wird. Die Erwartungen an Minister oder Manager sind gering, um es höflich auszudrücken. Kommt es zu Revolten, gehen die oft nach rechts bis ins Faschistische, d. h. nicht gegen Eigentums- und Machtverhältnisse. Die Gewöhnung an Krieg und die ideologische Zurichtung für ihn hat enorme Fortschritte gemacht. Wer Minister werden will, muss, wie Merz am Montag sagte, zur Kenntnis nehmen: »Um uns herum wanken die Säulen, auf die wir in den letzten Jahren und Jahrzehnten so selbstverständlich vertraut haben.« Merz kann sich folgerichtig eine Situation vorstellen, »dass wir in diesem Land nicht mehr handlungsfähig und vielleicht irgendwann nicht mehr regierungsfähig sind«.
Angstmachen gehört zum Regierungsgeschäft, aber das lässt sich auch als Ankündigung lesen: Wenn CDU und AfD erst einmal wegen »nationaler Notlage« oder anderem »Zwang« gemeinsam regieren, stehen nach gegenwärtigem Stand an der Spitze ein Blackrock-Mann und eine Goldman-Sachs-Managerin. Dann sollte die Regierungsfähigkeit wiederhergestellt sein.
Wilde Spekulation? Wohl eher eine realistische Variante. Das Programm der entstehenden Koalition lässt sich auf die Formel bringen: »Wachstum durch Rüstung«. Absehbar ist: Wachstum wird es nicht geben, Rüstung aber in bisher ungekanntem Ausmaß. Mit allen Begleiterscheinungen reaktionärer Ideologie und staatlicher Repression, die im niedergehenden Imperialismus dazu gehören. Siehe USA. »Tiefer Staat« ist ein anderes Wort für Geheul über »Bürokratie«.
Schnelles Wachstum aber, von dem – so CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann – der gesamte Sozialstaat abhängt, ist eine Illusion. Selbst dem sogenannten CDU-Arbeitnehmerflügel gruselt es vor den Nominierungen der Union und klar: Im Vergleich zu einem Fürsten der neoliberalen Finsternis wie Linnemann, zum künftigen Franktionschef Jens Spahn oder einem Kanzler Merz ist einer wie der nordrhein-westfälische Arbeits- und Sozialminister Karl-Josef Laumann, ein treuer Knappe der katholischen Soziallehre, ein Robin Hood.
Das ist die Botschaft dieser Personalauswahl: Auf sie kommt es kaum an. Der Umbau von Staat und Gesellschaft zur Kriegstüchtigkeit ist vorgegeben. Unwahrscheinlich, dass die Riege außerdem was schafft.
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