Eisbären müssen nie weinen
Von Robert Kemps
»Berlin ist so eingespielt, die agieren momentan auf einem anderen Level«, sagte am Ende der Finalserie Kölns Stürmer Parker Tuomie. Auch wenn der Schmerz tief sitze nach der dritten 0:7-Klatsche in Folge, habe er es genossen, »hier überhaupt spielen zu dürfen«. Und er richtete einen Gruß an die Haie-Fans in der Ferne: »Wir können stolz auf unsere Saison sein!«
Dem mochte bei der rauschenden Meisterfeier am Berliner Ostbahnhof niemand widersprechen: Die Kölner Haie hatten als Hauptrundensechster in den Play-offs überraschend zunächst Bremerhaven (Dritter) und dann Ingolstadt (Erster) bezwungen. Schließlich jedoch wurden sie, mit den Kräften fast am Ende, von den Eisbären zu Fischmehl zerlegt.
Im deutschen Klubeishockey gab es kaum eine Finalserie, die derartig einseitig war – und das nicht wegen der Schwäche der Kölner, sondern wegen der Stärke der Berliner, die nach eigener Ansage auch »mit« ihrem im Winter 26jährig an Krebs verstorbenen Teamkollegen Tobias Eder spielten.
Ersatzkapitän Jonas Müller, einer der Besten, bilanzierte: »Ich glaube, jeder hat über 100 Prozent in jedem Spiel gegeben, und der Zusammenhalt war sehr stark.«
Drei Details demonstrieren die deutliche Dominanz:
– Kapitän Kai Wissmann wurde in Köln schwer an der linken Hand verletzt, musste sofort ausscheiden und verpasst nach einer OP nun auch die WM. Das sah nicht gut aus. Aber Berlin steckte diesen riesigen Verlust nicht nur weg, sondern schöpfte daraus enorme Energie. Oder wie Wissmann wusste: »Es war unglaublich schwer, die letzten Partien verletzungsbedingt nicht mehr zu spielen. Meine Mitspieler haben mir das Zuschauen aber sehr leicht gemacht.«
– Beim finalen 7:0-Sieg zu Hause waren fünf von sechs Verteidigern (!) direkt an Toren beteiligt: Jonas Müller sowieso, aber auch Korbinian Geibel, Eric Mik, Adam Smith und Olivier Galipeau.
– Das vorletzte Tor der Saison, das zum 6:0, war die Folge eines der schönsten Spielzüge der Saison. Die vierte Berliner Sturmreihe auf dem Eis – eine, die bei Ligakonkurrenten die Paradereihe wäre: Doch nicht nur die Stürmer Marcel Noebels (mit No-Look-Rückpass), Manuel Wiederer und Torschütze Zach Boychuk waren beteiligt, sondern auch die Abwehrspieler Jonas Müller und Eric Mik. Selten in der DEL wurde ein Tor vom gesamten Team auf dem Eis so glänzend herauskombiniert.
Eisbären müssen nie weinen – wenn das je galt, dann jetzt.
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