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Aus: Migration, Beilage der jW vom 11.12.2024
Migration

Vor verschlossenen Toren

Für Staaten des Westens zählt immer weniger, ob Menschen vor Vertreibung und Krieg fliehen. Sie machen Einwanderung für die Mehrheit unmöglich
Von Annuschka Eckhardt, Cárdenas
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Rossanna, die Schwester des 12jährigen Andrés aus Guatemala, starb bei dem Versuch, in die USA zu migrieren, in Mexiko (San Juan La Laguna, 26.6.2024)

Auf der Suche nach einem besseren Leben finden viele Menschen den Tod. Das zerstört Familien, auch in Kuba, erzählt Jorge Rodríguez, Leiter der Kinderklinik Rosa Luxemburgo, während er einer Pferdekutsche ausweicht. Er lenkt sein kleines Auto durch die kubanische Stadt Cárdenas. Ein großer Teil der Bevölkerung hier arbeitet im nahegelegenen Touristenhotspot Varadero, wo sich Fünfsternehotels an Luxusressorts reihen. All inclusive: Am weißen Sandstrand fließen Rumcocktails, teure Zigarren dampfen, und es gibt Meeresfrüchte satt. Der Reichtum der wohlhabenden Touristen spült Devisen in die Staatskasse, schürt aber auch bei einigen Kubanern die Illusion, so sehe das Leben aller Menschen in den USA, Kanada oder Europa aus.

In der Klinik betreut der Kinderarzt ein neun Monate altes Baby, dessen Eltern in die USA emigriert sind. »Der 78jährige Großvater zieht die Kleine jetzt alleine groß«, so der kleine Mann im weißen Arztkittel. Der Rentner sei mit dieser Aufgabe völlig überfordert – nicht nur finanziell. »Mittlerweile ist die Emigration aus Kuba nicht mehr politisch, sondern ökonomisch begründet.« Seit der damalige US-Präsident Donald Trump den sozialistischen Inselstaat im Jahr 2019 in die Liste der »Terrorunterstützer« aufnahm, habe sich die Situation der Familien verschlimmert.

Die Wahl Trumps zum nächsten US-Präsidenten deutet eine schärfere Abschottungspolitik der USA an. Der republikanische Kandidat fuhr eine rassistische und gegen Migranten gerichtete Kampagne, in der er ankündigte, die Grenzen schließen und verstärkt abschieben zu wollen. Auch wenn das Programm rechte Wähler anspricht: Es verschlimmert lediglich die Stimmung gegen eingewanderte Menschen in den Vereinigten Staaten. Migrationsbewegungen zu ihrer südlichen Grenze wird Trumps Agenda nicht aufhalten. Die Ursachen für Migration werden von seinen Vorhaben nicht berührt, hatte etwa die mexikanische Präsidentin Claudia Sheinbaum mit Blick auf Trumps Ankündigungen erklärt. »Die Mehrheit der Familien migriert nicht, weil sie Lust darauf hat, sondern aus Not«, stellte Sheinbaum fest. In diesen Zusammenhang gehörten auch »die Blockaden gegen Venezuela und gegen Kuba, die deren Bevölkerung treffen«.

Wie die USA hat auch die EU ihre Abschottung in den vergangenen Monaten deutlich verschärft, ein Grundrecht auf Asyl existiert faktisch nicht mehr. Die Politik der grenzenlosen Ausbeutung führt die davon betroffenen Menschen massenhaft an die Grenzen der reichsten Länder. Anstatt deren Lebensbedingungen zu verbessern, wirbt die Bundesrepublik gut ausgebildete Menschen aggressiv ab, um sie dem eigenen Verwertungskreislauf zuzuführen. Gleichzeitig wird die Not der Migranten innerhalb der Festung EU in nahezu allen Mitgliedsländern dazu verwendet, sie zum Sündenbock der eigenen Kürzungspolitik und Verelendung zu machen. Die Migrationspolitik der imperialistischen Zentren zeigt deutlich die eigene zynische Doppelmoral.

Im Nahen Osten vertreibt Israel Menschen an mehreren Fronten. Im Süden des Libanon, in der Negev-Wüste und der Westbank müssen sie fliehen, um am Leben bleiben zu können. In Gaza gab es diese Möglichkeit durch Israels genozidalen Rachefeldzug nicht, bei dem mit Unterstützung der USA, der EU und der Bundesrepublik Abertausende Kinder, Frauen und Männer getötet wurden. Wer nun flieht, steht vor verschlossenen Toren: Den Opfern seiner Kriege gesteht der »Wertewesten« keine Zuflucht zu.

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