Kontinuitäten kolonialer Enteignung und Sklaverei
Dora Cheik Diarra ist Sekretär für Außenbeziehungen im Nationalen Politbüro der marxistisch-leninistischen Partei SADI (Solidarité Africaine pour la Démocratie et l’Indépendance). SADI ist Teil der malischen Oppositionsallianz »Bewegung 5. Juni – Sammlung der patriotischen Kräfte« (M5-RFP). Diarra ist studierter Wirtschaftsjurist mit einem Diplom der Université Lille 2 in Frankreich und lebt in Paris. Auf der XXVI. Rosa-Luxemburg-Konferenz sprach er am Sonnabend zu der Übergangsphase, in der Mali sich derzeit nach dem Rücktritt von Präsident Ibrahim Boubacar Keita befindet – und über die Perspektiven, die die Linke im Land hat.
Dabei ist die Schlüsselfrage laut Diarra die des Friedens, die der Stabilisierung des Landes. Frankreich, dass immer noch einen erheblichen Einfluss in Mali hat, mache es den Behörden dabei nicht einfacher, so Diarra. Die Linke versuche derzeit die Arbeitenden zu mobilisieren, über die gegenwärtige Lage aufzuklären. Aber es gebe auch Linke, die nur redeten, und sobald sie an der Macht sind, die Hände in den Schoß legen, das mache den Kampf für Veränderung und für eine Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen nicht einfach.
Im Anschluss sprach Donna Murch, Professorin an der Rutgers University. Titel ihres Vortrags war »Marsch zur Rettung Amerikas: Rassenfaschismus«. Ihr Referat stand zunächst ganz unter dem Eindruck des Sturms auf das Kapitol in Washington D.C. am Mittwoch. Als die Menschen die Bilder sahen, hätten sich viele gefragt, wo ist die Polizei? Wie ist das möglich? Symbolisch für die Situation wäre gewesen, als Polizisten den Anstürmenden die Tore geöffnet haben. Es gab in den vergangenen Jahren eine lebhafte Debatte, ob Trump ein Faschist sei. Vor allem liberale Denker hätten das bejaht. Sie sehen in ihm etwas »Unamerikanisches«, als etwas Fremdes, vergleichen ihn mit Hitler.
Laut Murch müsse man aber über diese Analogien mit der Zwischenkriegszeit in Europa hinaus. Dafür gebe es intellektuelle Anknüpfungspunkte in der Tradition der »Black Radicals«. Sie plädiert dafür, ihn im Kontext von »Rassenfaschismus« zu verstehen und Kontinuitäten kolonialer Enteignung und Sklaverei in den Mittelpunkt zu stellen. Black Radical Thinkers hätten die Geburt der demokratischen Institutionen in den USA nicht im Gegensatz zu diesem Rassenfaschismus betrachtet, sie hätten sie sogar als Grundlage für die Entstehung dieser verstanden. In Südafrika sei der Begriff der »Herrenvolk-Demokratie« geprägt worde. Auch in den USA würde heute eine solche funktionieren, wenn auch in einem veränderten Kontext. Einer der Gründe, warum Trump aufgetaucht sei, ist, dass die USA in einem wirtschaftlichen Niedergang begriffen seien. Es gebe eine starke Umverteilung von unten nach oben. Davon seien zwar hauptsächlich Schwarze und Latinos betroffen, aber eben auch Weiße. Hinzu komme, dass der wirtschaftliche Niedergang auch mit einem imperialem Niedergang in Zusammenhang stehe. Dies stelle eine schwere Demütigung für viele Weiße in den USA dar. Daher habe Trumps Slogan »Make America great again« auch so gut funktioniert.
Was kann dem Trumpismus entgegengesetzt werden? Von der demokratischen Partei werde er nicht kommen, so Murch. Der neue Präsident Joseph Biden repräsentiere den konservativsten Flügel der Partei, in seinen Reden würde man noch das Echo der »Herrenvolk-Demokratie« hören. Hoffnung setzt sie auf die sozialen Bewegungen. Ein Beispiel sei die Black-Lives-Matter-Bewegung des vergangenen Jahres. Diese könnte Druck auf die Regierung der Demokraten aufbauen und ihre Politik nach links verschieben. (mk)
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