Russland missverstehen
Der Osteuropahistoriker Karl Schlögel bekommt den mit 100.000 Euro dotierten Gerda-Henkel-Preis. Schlögel (76) habe in seinem langjährigen Schaffen nicht nur das Verständnis der neueren Geschichte Russlands, der Sowjetunion und des östlichen Europa wesentlich geprägt, urteilte die Jury. Der Publizist habe auch ein eigenes Genre des historischen Erzählens begründet. »Seine Werke verbinden persönliche Reiseerfahrungen und Alltagsbeobachtungen mit profundem historischem Wissen und scharfsinniger Analyse.«
Schlögel studierte an der Freien Universität Berlin, in Moskau und Leningrad. Als Professor lehrte er an der Universität Konstanz und an der Viadrina in Frankfurt (Oder). Seine bekanntesten Werke sind »Terror und Traum. Moskau 1937« (2008) und »Berlin, Ostbahnhof Europas« (2007).
Schlögels politischen Ansichten sind weit weniger anspruchsvoll als seine methodologischen und erzählerischen Erwägungen: Vom Mitglied der »Roten Zelle Slawistik« an der FU und der maoistischen KPD-AO wurde er zum linken Renegaten und entschiedenen Gegner von Friedensverhandlungen im Ukraine-Krieg, solange Russland nicht besiegt sei. Eine »deutsch-russische Aussöhnung« sei immer zu Lasten anderer postsowjetischer Staaten gegangen. Der Gerda-Henkel-Preis wird alle zwei Jahre für Forschung auf dem Gebiet der historischen Geisteswissenschaften verliehen. (dpa/jW)
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