Bayerns Erdgaspläne am Alpenrand
In wenigen Wochen könnten am Alpenrand in Bayern die ersten Erdgasbohrungen seit mehr als zehn Jahren beginnen. Nicht nur Umweltschützer und Anwohner wollen das möglichst noch verhindern, auch der Landrat des Kreises Landsberg am Lech, Thomas Eichinger (CSU), und der Rat der betroffenen Gemeinde Reichling sind im Widerstand. Ohne besondere Erfolgsaussichten: Im Juni hat das Bergamt Südbayern der Berliner Firma Genexco Gas die Probebohrung genehmigt. Das Konzessionsgebiet »Lech Ost« ist mehr als 100 Quadratkilometer groß und erstreckt sich bis zum Ammersee. Im September könnte es losgehen.
Der Ort der Bohrung liegt laut Greenpeace nur rund 150 Meter von einem europäischen Schutzgebiet für bedrohte Tiere und Pflanzen entfernt und im Einzugsbereich der Trinkwasserquelle der Gemeinde. Wie viel Gas hier gefördert werden kann, ist unklar. Laut Greenpeace wird auf ein 500 Millionen Kubikmeter großes Erdgasfeld spekuliert, das 15 Jahre ausgebeutet werden soll.
Landrat Eichinger will die Bedenken in den kommenden Tagen in einem Protestbrief zusammenfassen und diesen an Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) nach München schicken. An der Bohrung ist wie gesagt kaum noch zu rütteln, es fehlt allerdings noch die Fördergenehmigung. Reichlings Bürgermeister Johannes Hintersberger erklärte gegenüber dpa, dass »dieser Brief rein rechtlich keinerlei Einfluss auf das Genehmigungsverfahren nimmt, der Gemeinderat verspricht sich hierbei eine landespolitische Kehrtwende zur Aufsuchung von Kohlenwasserstoffen in unserer Gemeinde«.
Seit den 1950er Jahren wurden im bayerischen Alpenvorland fast 60 Gasfelder entdeckt. Viele sind längst ausgebeutet. Bayern deckte in den 1970er Jahren etwa 30 Prozent seines Gasbedarfes aus heimischen Lagerstätten, inzwischen sind es nur noch 0,1 Prozent. Dabei hat die Bedeutung von Gas in Zeiten der Energiewende und der Russland-Sanktionen abgenommen – es ist aber nach Mineralöl noch immer der wichtigste fossile Energieträger im Freistaat und deckt knapp ein Fünftel des Primärenergieverbrauchs.
Das Münchner Wirtschaftsministerium begrüßt neue Gasbohrungen: Man unterstütze angesichts hoher Preise auch die Suche nach heimischen Vorkommen, heißt es. Unterstrichen wird das dadurch, dass die Staatsregierung freiwillig auf eine Förderabgabe nach dem Bundesbergbaugesetz verzichtet.
»Aiwanger gibt Gas – aber in die falsche Richtung«, sagt Bayerns grüner Landtagsvizepräsident Ludwig Hartmann. »Wie ein Geisterfahrer unterstützt er die Erschließung neuer dreckiger Erdgasquellen, anstatt seine Energie auf den dringend nötigen Ausbau der Windkraft zu konzentrieren.« Während Windkraftbetreiber hohe Gebühren zahlen müssten, um Anlagen im Staatsforst zu errichten, dürfe das Unternehmen Genexco Gas in Reichling quasi umsonst das Gas ausbeuten. (dpa/jW)
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