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Aus: Ausgabe vom 03.08.2024, Seite 10 / Feuilleton
Von der Straße

Freitag mittag, Busbahnhof

Von Pierre Deason-Tomory
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Aber der Bus muss trotzdem pünktlich sein

Am Tisch vor dem Kiosk sitzt ein Busfahrer und nimmt sich eine Zigarette aus dem Bigpack.

»Eine geht noch.«

»Ohne Sie wird der Bus nicht abfahren.«

»Nee. Und zu spät komme ich immer noch früh genug … Aber der Bus muss pünktlich sein. Überall Baustellen.«

Ein Bürger mit einem bemerkenswerten Schnurrbart fragt:

»Warst du schon im Urlaub?«

»Einmal mit den Augen gezwinkert und schon wars vorbei.«

»Wie lange?«

»Zwei Wochen.«

»Nur?«

»Ich habe 27 Tage Urlaub. Aber lass mal was passieren, dann musst du noch zwei, drei Tage übrig haben.«

»Ja.«

Gesprächspause. Die drei Männer vor dem Kiosk sehen dabei zu, wie über ihnen ein schwarzer Gartenpavillon aufgespannt wird.

»Die haben neulich echt die von der Leyen gewählt.«

»Und die haben sie gerade erst verurteilt!«

»Es war eine Gerichtsentscheidung, aber kein Urteil.«

»Ach so.«

»Aber das ist so was wie ein Urteil.«

»Die haben nichts zu tun im Europaparlament. Und kriegen da noch mehr als im Bundestag!«

»Die haben schon zu tun, sie müssen dauernd Unternehmensvertreter treffen, damit sie herausfinden, wie sie entscheiden sollen.«

»Und hinterher arbeiten die dann für die. Das kann man überall nachlesen. Irgendwann werden die Leute das begreifen!«

»Ja.«

»Bei mir im Dorf hat jetzt niemand mehr die Altparteien gewählt«, sagt der Kraftfahrer. Er drückt die Zigarette aus und geht zu seinem Bus.

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

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