Kiribati wählt
Von Volker HermsdorfDie knapp 120.000 Einwohner des pazifischen Inselstaats Kiribati sind seit Mittwoch aufgerufen, die Abgeordneten ihres in der Landessprache »Maneaba ni Maungatabu« genannten Parlaments zu wählen. Das würde im Rest der Welt kaum jemanden interessieren, hätte die Regierung des von Klimawandelfolgen bedrohten Archipels in den vergangenen Jahren nicht systematisch ihre Beziehungen zu China ausgebaut. Da Kiribatis Hauptstadt Tarawa nur gut 2.000 Kilometer vom US-Bundesstaat Hawaii entfernt liegt, schenkt vor allem Washington den Wahlen besondere Beachtung.
Im ersten Durchgang bewerben sich 144 Kandidaten um 44 der 45 Parlamentssitze. Ein Vertreter der Banaban-Gemeinschaft auf der Insel Rabi in Fidschi gilt automatisch als gesetzt. Nach einer für Montag angesetzten Stichwahl zwischen den Bewerbern, die weniger als 50 Prozent der Stimmen erhalten, werden die Parteien ihre Kandidaten für das Amt des Präsidenten aufstellen. Einer von ihnen wird vermutlich der seit acht Jahren regierende Amtsinhaber Taneti Maamau sein, der für die weitere Festigung der Kooperation mit China eintritt. Im Herbst 2019 hatte er die Beziehungen zu der von Beijing als abtrünnige Provinz betrachteten Insel Taiwan abgebrochen. Die taiwanesische Agentur CNA beklagte am Dienstag, dass Besuchern mit dort ausgestellten Pässen vor den Wahlen die Einreise verweigert wurde. Im Februar hatte Reuters berichtet, dass chinesische Polizisten kiribatische Einsatzkräfte ausbildeten. Ein Antrag der USA auf Einrichtung einer Botschaft sei dagegen »ins Stocken geraten«. All das löste in Washington Alarm aus. Denn ein aus dem Jahr 1983 stammender alter Vertrag mit den USA verpflichtet Kiribati zu Konsultationen, bevor die Regierung eine militärische Nutzung der Inseln durch Dritte zulässt.
Trotz seiner geringen Größe gilt der seit 1979 unabhängige Staat mit rund 20 bewohnten Inseln als strategisch wichtig, da er außer der Nähe zu Hawaii mehr als 3,5 Millionen Quadratkilometer Pazifik kontrolliert. »Die Vereinigten Staaten sind entschlossen, mit Kiribati zusammenzuarbeiten, um eine Zukunft zu schaffen, die friedlich, wohlhabend und sicher ist«, erklärte die US-Botschaft in Fidschis Hauptstadt Suva zum Unabhängigkeitstag am 12. Juli auf X. »Gemeinsam arbeiten wir an der Förderung einer verantwortungsvollen und nachhaltigen Bewirtschaftung der Meeresressourcen, an der Bewältigung der Klimakrise, an der Stärkung der zwischenmenschlichen Beziehungen und an der Verbesserung der wirtschaftlichen Möglichkeiten für die Menschen in Kiribati«, ergänzte US-Außenminister Antony Blinken.
Kiribati liegt in einer der am stärksten vom Klimawandel bedrohten Regionen. Nach Berechnungen der Weltbank könnte der Inselstaat im Jahr 2050 größtenteils nicht mehr bewohnbar und spätestens 2070 überschwemmt sein. Trotz Blinkens Äußerungen wird Washingtons Politik gegenüber Kiribati und den anderen Inselstaaten tatsächlich aber nicht von der Sorge um die dramatischen Folgen der Klimawandelauswirkungen bestimmt, sondern vom Ziel, die Pazifikregion als Aufmarschgebiet im Kampf gegen China nutzen zu können.
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