Altgedienter soll Thailands Premier werden
Von Thomas BergerThailands Politik ist erneut in heftige Turbulenzen geraten. Erst eine Woche ist es her, seit am 7. August das Verfassungsgericht die linksliberale Move Forward Party (MFP), Siegerin der Wahlen vom Mai 2023, wegen angeblicher Umtriebe zur Unterminierung der konstitutionellen Monarchie auflöste. Am Mittwoch folgte nun der nächste Paukenschlag: Premierminister Srettha Thavisin ist seines Amtes enthoben.
Die höchste juristische Instanz folgte in ihrem mit fünf zu vier Stimmen knappen Urteil der Argumentation, dass sich der frühere Immobilientycoon »schweren unethischen Verhaltens« schuldig gemacht habe. Der vom Gericht attestierte Regelverstoß bezieht sich auf die Berufung eines Anwalts zum Minister, der sechs Monate wegen versuchter Schmiergeldzahlungen an Richter in Haft saß. Damals war er der Rechtsbeistand von Expremier Thaksin Shinawatra, der grauen Eminenz der die heutige Koalition anführenden Pheu Thai Party (PT).
Das unmittelbare Bedauern über Sretthas Abberufung mag sich bei vielen, selbst bei PT-Anhängern, eher in Grenzen halten. Lediglich knapp 13 Prozent hatten bei der jüngsten Meinungsumfrage noch Rückhalt für den Regierungschef bekundet, ein weiterer Absturz der Popularitätswerte gegenüber schon bescheidenen 22 Prozent im Dezember. Die zweitgrößte Volkswirtschaft Südostasiens schwächelt, nennenswerte Erfolge hat die Regierungsmannschaft in knapp einem Jahr nicht vorzuweisen. Das mag nicht allein am nun abgesetzten Spitzenmann liegen. Aber der politische Quereinsteiger aus der Wirtschaft, der sich erst wenige Monate vor der Wahl zu einem der Kandidaten der PT küren ließ, machte eher mit zahlreichen Auslandsreisen von sich reden, als Führungsstärke in einer nicht ganz einfachen Koalition zu zeigen, die auch zwei Parteien der Putschisten von 2014 einschließt. Armeechef Prayuth Chan-ocha hatte seinerzeit eine reine PT-Regierung unter Thaksins jüngerer Schwester Yingluck Shinawatra unblutig aus dem Amt gefegt, damit den Willen konservativer Straßenproteste erfüllend.
Schon an diesem Freitag soll in einer Sondersitzung des Parlaments ein neuer Regierungschef gewählt werden. Nur übergangsweise führt Handelsminister und Vizepremier Phumtham Wechayachai, der extra eine Kasachstan-Reise abbrach, die Amtsgeschäfte. Ein Anwärter muss bereits von der Wahl 2023 als möglicher Premierskandidat seiner Partei bei der Wahlkommission hinterlegt sein. Die PT konnte dabei noch auf zwei Namen zurückgreifen. Thaksins erst 37jährige, bisher ämterunerfahrene Tochter Paetongtarn hatte erst unlängst erklärt, den Posten nicht anzustreben, was jetzt einer Kandidatur im Wege stand. Deshalb fiel bei Beratungen am Donnerstag die Entscheidung auf Chaikasem Nitisiri. Der 75jährige war schon Generalstaatsanwalt und Justizminister. Der zweitgrößte Partner, die konservative Bhumjaithai Party, steht hinter der Nominierung der PT. Parteichef Anutin Charnvirakul warnte aber, es dürfe keinen Vorstoß zu einer Reform von Strafrechtsartikel 112 (Majestätsbeleidigung) mehr geben. Genau solche Ansätze hatten auch zur richterlichen Auflösung der MFP geführt.
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