Afghaninnen protestieren gegen Taliban
Kabul. Eine afganische Frau singt in einem Video, nur ein winziger Teil ihres Gesichts ist zu sehen: Sie und Dutzende weitere Frauen beteiligen sich an einem Onlineprotest gegen das »Tugendgesetz« der fundamentalistischen Taliban in Afghanistan, das Frauen verbietet, ihre Stimme in der Öffentlichkeit hören zu lassen. In Reaktion darauf haben afghanische Frauen im In- und Ausland in den Onlinenetzwerken Videos veröffentlicht, auf denen sie singen, wie AFP am Mittwoch berichtete.
Die Aufnahmen veröffentlichen die Frauen unter Hashtags wie »Meine Stimme ist nicht verboten« und »Nein zu den Taliban«. Die frühere Polizistin Sala Sasai, die heute in Polen lebt, teilte ein Video, in dem sie ein Lied der bekannten Sängerin Arjana Sajeed über die Widerstandskraft der afghanischen Frauen singt. Die Einschränkungen für afghanische Frauen seien »inakzeptabel«, sagte Sala Sasai. »Die afghanischen Frauen haben begriffen, dass Frauenfeinde unsere Menschenrechte nicht länger im Namen von Religion und Kultur verweigern können«, sagte Sasai. »Und unsere Stimmen, die unsere Rechte einfordern, werden niemals verstummen.«
In einem anderen Berichten zufolge in Afghanistan gedrehten Video, wird eine von Kopf bis Fuß in Schwarz gekleidete Frau mit einem Schleier vor dem Gesicht gezeigt. »Ihr habt meine Stimme für die absehbare Zukunft zum Schweigen gebracht. (...) Ihr habt mich in meinem Zuhause inhaftiert für das Verbrechen, eine Frau zu sein«, sagt die Frau darin. In weiteren Aufnahmen erheben Gruppen von Aktivistinnen ihre Fäuste oder zerreißen Fotos des obersten Anführers der Taliban, Hibatullah Achundsada, der Afghanistan per Dekret von der südlichen Stadt Kandahar aus regiert.
Das »Tugendgesetz« erweitert nochmals die Macht der sogenannten Sittenpolizei, um die von den Taliban erlassenen Verhaltensregeln zu überwachen. Es sieht unter anderem Verschleierungsvorschriften für Frauen und ein Verbot von Homosexualität vor. Unter anderem wird festgelegt, dass »muslimische Frauen verpflichtet sind, ihr Gesicht und ihren Körper zu bedecken«, wenn sie sich in Gegenwart von Männern befinden, die nicht direkt mit ihnen verwandt sind. Konkret heißt es zudem: »Wenn eine erwachsene Frau wegen eines dringenden Grundes ihr Haus verlassen muss, ist sie verpflichtet, ihr Gesicht und ihren Körper zu bedecken und sicherzustellen, dass ihre Stimme nicht gehört wird.«
International zogen die Taliban wegen des Gesetzes scharfe Kritik auf sich. Taliban-Chefsprecher Sabihullah Mudschahid erklärte, die Kritik am Gesetz zeige »Arroganz« und ein falsches Verständnis der Scharia. Hinzuzufügen wäre, dass auch die mit dem Westen verbündeten Mudschaheddin das islamische Schariarecht reaktionär auslegten, allerdings im Kampf seinerzeit gegen die Sowjetunion willkommene Bündnispartner waren. (AFP/jW)
Mehr aus: Ausland
-
Pazifikstaat opfert Souveränität
vom 29.08.2024 -
Wut in Kolkata instrumentalisiert
vom 29.08.2024 -
Maduros Regierung neu aufgestellt
vom 29.08.2024 -
Schlinge zugezogen
vom 29.08.2024 -
Endspiel gegen Tuareg
vom 29.08.2024 -
Keine Schlafwandler
vom 29.08.2024