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Aus: Ausgabe vom 28.09.2024, Seite 10 / Feuilleton
Kulturpolitik

Berlin lebt (noch)

Die Berliner Theater-, Opern- und Konzertszene macht gegen drohende Einsparungen im Kulturetat der Hauptstadt mobil. In einem offenen Brief an den Berliner Senat um den Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) warnen zahlreiche teils prominente Unterzeichner vor den Folgen, die drastische finanzielle Kürzungen nach ihrer Einschätzung hätten.

»Wir appellieren an Sie: Graben Sie der Kultur Berlins nicht das Wasser ab«, heißt es in dem Brief, den Musik- und Bühnengrößen wie Daniel Barenboim, Frank Castorf, Lars Eidinger, Ulrich Matthes, Kirill Petrenko, Simon Rattle, Christian Thielemann, Rolando Villazón und Sasha Waltz unterzeichnet haben. »Berlin lebt von der Kultur. Die Kultur bildet Gesellschaft und schafft Lebensqualität.«

Durch die möglichen Kürzungen drohten an Opern-, Konzert- und Theaterhäusern, aber auch in anderen Bereichen wie der Klub- oder der freien Szene Einschränkungen im Spielbetrieb bis hin zu Insolvenz und Schließung sowie der Verlust von Arbeitsplätzen. Damit verschwänden dann Räume des sozialen Miteinanders, der Begegnung und des gesellschaftlichen Dialogs.

Weil Politik schon lange für BWL-Argumente besonders empfänglich ist, heißt es zudem, die Kultur sei entscheidender Standortfaktor Berlins und präge das Image der Hauptstadt, auch und gerade im Vergleich zu anderen deutschen und internationalen Metropolen.

Zum Hintergrund: Das Volumen des Berliner Landeshaushalts ist seit der Coronapandemie stark gestiegen, auf mittlerweile etwa 40 Milliarden Euro pro Jahr. Die CDU/SPD-Koalition will es nun schrittweise reduzieren. Nach ersten Einsparungen im laufenden Jahr ist für 2025 von drei Milliarden und für 2026 von fünf Milliarden Euro die Rede. Wie das klappen soll, wollen die beiden Parteien in den kommenden Wochen klären. Möglichst viele Bereiche sollen einen Sparbeitrag leisten, auch die Kulturverwaltung von Senator Joe Chialo (CDU). (dpa/jW)

  • Leserbrief von Fred Buttkewitz aus Ulan - Ude (28. September 2024 um 04:01 Uhr)
    »Wir appellieren an Sie: Graben Sie der Kultur Berlins nicht das Wasser ab«, heißt es in dem Brief, den Musik- und Bühnengrößen wie Daniel Barenboim, Frank Castorf, Lars Eidinger, Ulrich Matthes, Kirill Petrenko, Simon Rattle, Christian Thielemann, Rolando Villazón und Sasha Waltz unterzeichnet haben.» Was erwarten diese Bühnengrößen anderes in einem kapitalistischen System, welches darauf basiert, dass die einen zu viel haben und die anderen dafür zu wenig? Einige der genannten Bühnengrößen könnten doch einen Anfang machen und ihr monatliches Einkommen zumindest auf das eines Bundeskanzlers reduzieren und die Differenz der freien Kulturszene spenden. Die wüsste nicht wohin vor lauter Glück über den unerwarteten Geldsegen. Die Gehälter des Spitzenpersonals werden schließlich auch aus dem Kulturetat bezahlt. Sei es in der Wirtschaft, im Sport oder im künstlerischen Bereich, sei es der Chefarzt jeder Klinik oder Spitzenbeamte , sei es das Führungspersonal von Universitäten oder der Bundeswehr, sei es ein Heer von überbezahlten Abgeordneten, Ministern, Staatssekretären, seien es Direktoren der ARD, die Honorare für bestimmte Sendungen oder auch nur für Nachrichtensprecher der Tagesschau usw. : Dass jemand in solchen Positionen hervorragende Arbeit leistet, müsste selbstverständlich sein für ein ganz normales Gehalt, von dem man ohne Sorgen gut leben kann - aber nicht mehr. Doch das sind alles nur Kleinigkeiten gegen das vollkommen leistungslose Einkommen des einen finanzstarken Prozentes der Gesellschaft. Das System ist unheilbar krank. Dagegen ist auch im kulturellen Bereich nichts zu reformieren. Denn auch in diesem Selbstbedienungsladen erhalten Einzelne ein monatliches Einkommen, mit dem ganze Ensembles ein ganzes Jahr arbeiten könnten.

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