Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
Gegründet 1947 Sa. / So., 21. / 22. Dezember 2024, Nr. 298
Die junge Welt wird von 3005 GenossInnen herausgegeben
Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025 Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
Rosa-Luxemburg-Konferenz am 11.01.2025
Aus: Ausgabe vom 04.10.2024, Seite 8 / Ansichten

Waffenstillstandsforderer des Tages: António Guterres

Von Michael Merz
8_portrait.JPG
António Guterres, UN-Generalsekretär, ist in Israel unerwünscht

Es ist noch gar nicht so lange her, 2020 war es, da hatte ihm der Jüdische Weltkongress den Theodor-Herzl-Preis verliehen: António Guterres, seit 2017 UN-Generalssekretär und »wahrer und hingebungsvoller Freund des jüdischen Volkes und des Staates Israel«, wie es damals hieß. Die Zeit der warmen Worte ist längst vorbei, zu oft hat Guterres den Gesslerhut nicht gegrüßt. Tel Aviv erklärte ihn am Mittwoch zur »unerwünschten Person«, er »verdient es nicht, seinen Fuß auf israelischen Boden zu setzen«, schrieb Außenminister Israel Katz auf X.

Was war passiert? »Ich verurteile die Ausweitung des Nahostkonflikts mit einer Eskalation nach der anderen«, hatte Guterres auf X mitgeteilt. »Das muss aufhören. Wir brauchen unbedingt einen Waffenstillstand.« Springers Bild äußerte sogleich »Entsetzen« über die Aussage und titelte: »UN-Chef schockt mit Windelweich-Satz.« Der Bild-Stichwortgeber, »Islamismusexperte« Ahmad Mansour, meinte auf X: »Ist der überhaupt noch tragbar?«

Nun ja, Persona non grata hin oder her, es hätte auch schlimmer kommen können für Guterres. Für eine Waffenruhe hatte sich offenbar auch der von Israel mit Tyrannenmord belegte Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah kurz vor seinem Tod ausgesprochen. »Er hat zugestimmt«, sagte jüngst Abdullah Bou Habib, geschäftsführender libanesischer Außenminister, dem US-Fernsehsender CNN. Die USA und Frankreich seien dafür gewesen, auch Netanjahu, so Habib: »Also haben wir auch die Zustimmung der Hisbollah eingeholt, und Sie wissen, was seitdem passiert ist.« Ein massiver Luftangriff beendete das Leben Nasrallahs.

Der UN-Chef kann somit froh sein, lediglich zur »unerwünschten Person« erklärt worden zu sein. Ohne auf diese Provokation einzugehen, fordert Guterres weiterhin, den »tödlichen Teufelskreis der gegenseitigen Gewalt« zu beenden. »Die Zeit läuft uns davon.«

Solidarität jetzt!

Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden und die Klage des Verlags 8. Mai abgewiesen. Die Bundesregierung darf die Tageszeitung junge Welt in ihren jährlichen Verfassungsschutzberichten erwähnen und beobachten. Nun muss eine höhere Instanz entscheiden.

In unseren Augen ist das Urteil eine Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit in der Bundesrepublik. Aber auch umgekehrt wird Bürgerinnen und Bürgern erschwert, sich aus verschiedenen Quellen frei zu informieren.

Genau das aber ist unser Ziel: Aufklärung mit gut gemachtem Journalismus. Sie können das unterstützen. Darum: junge Welt abonnieren für die Pressefreiheit!

  • Leserbrief von Istvan Hidy aus Stuttgart (4. Oktober 2024 um 12:03 Uhr)
    Es ist bedauerlich, dass António Guterres zunehmend zur Symbolfigur der Ohnmacht der sogenannten Vereinten Nationen verkommt. Gleichzeitig empfinde ich es als unverschämt, wie er von israelischer Seite öffentlich an den Pranger gestellt wird. Natürlich hat Israel das Recht, ihm die Einreise zu verweigern, aber die Art und Weise, dies mit derart propagandistischen Unterstellungen zu verbinden, ist vollkommen unangemessen und vermittelt den Eindruck, im Recht zu sein, obwohl dies keineswegs der Fall ist.

Mehr aus: Ansichten