Steinmeier gerät bei Veranstaltung mit Schriftsteller aneinander
Berlin. Eine Rede des Schriftstellers Marko Martin im Schloss Bellevue und die Reaktion von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier darauf sorgen für Wirbel. Martin hatte bei einer Veranstaltung zum Mauerfall vor 35 Jahren unter anderem Steinmeiers angeblich zu milde Haltung gegenüber Russland und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in seiner Zeit als deutscher Außenminister skandalisiert. Darauf reagierte Steinmeier laut Martin beim Empfang nach der Veranstaltung mit einem Wutausbruch. »Er ist angerauscht gekommen, um mir qua seines Amtes die Leviten zu lesen«, sagte Martin gegenüber dpa. Steinmeier habe ihn gefragt, ob es ihm Freude mache, Politiker zu diffamieren. Die Sprecherin des Bundespräsidenten erklärte dazu auf Anfrage, Steinmeier habe mit Martin bei dem Empfang »kontrovers, aber sachlich über seine Rede diskutiert«.
Martin warf Steinmeier in seiner Rede unter anderem das Festhalten am Projekt der Erdgaspipeline Nord Stream 2 vor: Dieses »war nur insofern ›eine Brücke‹ – Ihre Worte vom Frühjahr 2022 – als dass es Putin in seinen Aggressionen zusätzlich ermutigte, und zwar in seinem Kalkül, dass die Deutschen, ansonsten Weltmeister im Moralisieren, das lukrative Geschäft schon nicht sausen lassen würden, Ukraine hin oder her«. Der Schriftsteller sagte dpa: »Wir haben einen Bundespräsidenten, der sich dieser Debatte verweigert, der Debatte über die deutsche Mitverantwortung für Putins Aggressionen.«
Martin, der die DDR im Mai 1989 verlassen hat, fällt seit Jahren durch tagespolitische Interventionen auf, die auf der Linie des deutschen NATO-Liberalismus liegen. Er ist unter anderem Autor des rechtsliberalen Blogs »Salonkolumnisten«. 2022 forderte er in einem offenen Brief zusammen mit anderen Autoren eine kontinuierliche militärische Unterstützung der Ukraine, 2023 in einem weiteren offenen Brief eine Solidarisierung mit Israel. (dpa/jW)
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