Jede Störung wird verfolgt
Von Jamal IqrithVor dem Euroleague-Basketballspiel zwischen Alba Berlin und der israelischen Mannschaft Maccabi Tel Aviv am Donnerstag abend hat die Polizei weiträumige Absperrungen angekündigt. Laut einer Allgemeinverfügung vom Dienstag wird der Bereich um das Hotel der israelischen Mannschaft in Berlin-Mitte von Mittwoch nachmittag bis Freitag abgeriegelt sein. Auch an der Uber-Arena nahe dem Ostbahnhof in Berlin-Friedrichshain, wo gespielt wird, soll es »Sicherheitsmaßnahmen« geben. Demonstrationen sind in den Bereichen nicht erlaubt.
Doch damit nicht genug. Mehrere Aktivisten aus der palästinasolidarischen Bewegung haben am Wochenende Post von der im Oktober 2023 gebildeten »besonderen Aufbauorganisation (BAO) Nahost« der Berliner Polizei bekommen – mit der Warnung, sich gefälligst an Recht und Gesetz zu halten. »Ich fordere Sie daher ausdrücklich auf, sich zukünftig ausnahmslos am Normenkanon der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu orientieren«, heißt es in einem der Briefe, der jW vorliegt, mit Hinweis auf das Spiel. Es habe »aufgrund der Geschehnisse in Amsterdam einen besonderen Stellenwert«.
In der niederländischen Hauptstadt hatten vor dem Europa-League-Fußballspiel zwischen Maccabi Tel Aviv und Ajax Amsterdam am 7. November israelische Fans randaliert, rassistische Parolen skandiert und mehrere Menschen angegriffen. Im Anschluss an die Partie war es erneut zu Auseinandersetzungen gekommen, bei denen auch Maccabi-Fans angegriffen wurden. Daraufhin verbreiteten sich Berichte von angeblichen antijüdischen Pogromen. Mehrere internationale Medien berichteten über die Ereignisse und zeigten falsch beschriftete Videos und Bilder, die tatsächlich israelische Fans bei einem Angriff zeigten.
Die Empfänger der Briefe in Berlin sind laut Polizei »in der Vergangenheit durch Handlungen bekannt geworden, die befürchten lassen«, dass sie »das Ereignis stören könnten«. Und – mit der Behörde ist nicht zu spaßen: »Ich darf Ihnen versichern, dass Störungen oder die Übertretung von Gesetzen sehr niedrigschwellig verfolgt werden«, heißt es streng in dem von der LKA-Ermittlerin Norma Schürmann gezeichneten Brief. Doch nicht nur per Schreiben wurden Personen aus der palästinasolidarischen Bewegung von der Polizei eingeschüchtert. Mehrere Personen erhielten die sogenannte Gefährderansprache gleich in Person. Eine Aktivistin veröffentlichte ein Video eines solchen Besuchs am Sonnabend auf ihrem Instagram-Account.
Seit dem 7. Oktober 2023 geht die Berliner Polizei besonders hart gegen Palästina-Aktivisten vor. Vergangene Woche sorgte ein Interview mit der Polizeipräsidentin Barbara Slowik für Kritik, in dem sie Juden riet, in bestimmten Gegenden der Hauptstadt besonders vorsichtig zu sein. In Vierteln, in denen »mehrheitlich arabischstämmige Menschen wohnen«, artikuliere sich »offene Judenfeindlichkeit«, so Slowik.
Auf Anfrage bestätigte die Berliner Polizei, es habe Gefährderansprachen im Zusammenhang mit dem Spiel am Donnerstag gegeben. Wie viele Personen betroffen waren und auf welcher Datengrundlage die »Gefährder« identifiziert wurden, kommentierte die Behörde bis jW-Redaktionsschluss nicht. Auch die Frage, ob – in Anbetracht der Ereignisse in Amsterdam –Personen aus dem Umfeld von Maccabi Tel Aviv oder proisraelische Aktivisten gewarnt wurden, blieb offen. Der Verein Alba Berlin erklärte gegenüber jW, man stehe mit der Polizei und der Uber-Arena »im engen Austausch« und handele »nach der Lageeinschätzung der Behörden«, um für »alle Beteiligten einen schönen und sicheren Basketballabend zu gewährleisten«.
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