Innenminister wollen »KI«-Gesichtserkennung und IP-Speicherung
Rheinsberg. Auf der Herbstkonferenz der Innenministerinnen und Innenminister der 16 Bundesländer und des Bundes haben sich die Ressortchefs darauf geeinigt, die ihnen unterstellten Strafverfolgungsbehörden zum Einsatz von Softwareprodukten zur Massenüberwachung anhand von Gesichtsfotos und Stimmenproben ermächtigen sowie die pauschale Speicherung von IP-Adressen legalisieren zu wollen.
»Wir müssen Terrorverdächtige, Mörder und Vergewaltiger mit KI-basierter Gesichts- oder Stimmerkennung identifizieren können«, erklärte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Freitag zum Abschluss der Konferenz im brandenburgischen Rheinsberg. Die Ministerin behauptete weiter, die IP-Adressen seien oft der einzige Ermittlungsansatz, um Tätern auf die Spur zu kommen. Das gelte insbesondere für sexualisierte Gewalt gegen Kinder und bei der Terrorismusbekämpfung, sagte Faeser.
Der Beschluss der 17 Politiker sieht unter anderem vor, die Speicherung von IP-Adressen sowie Verkehrsdaten mit einer »angemessenen Mindestspeicherfrist« zu erlauben. Ein nachträglicher Abgleich von biometrischen Daten mit im Internet frei zugänglichen Bild- und Audiodateien soll vereinfacht werden. Dafür solle der Bundestag das Bundespolizeigesetz, das Bundeskriminalamtsgesetz und die Strafprozessordnung ändern. Wie das verfassungsgemäß und im Einklang mit EU-Recht erfolgen soll, sagte Faeser nicht. Statt dessen fordern sie und ihre 16 Amtskollegen »verfassungs- und datenschutzrechtliche Rahmenbedingungen« für den Einsatz von Gesichtserkennungssoftware in Echtzeit zu klären. Das Ziel: Strafverfolgungsbehörden sollen durch Videoüberwachung im öffentlichen Raum erstellte Aufzeichnungen unmittelbar mit Fahndungsdateien abgleichen können.
Es sei wichtig, dass die Ausweitung der Befugnisse noch in dieser Legislaturperiode umgesetzt werde, betonte die Bundesinnenministerin. Mit Blick auf die Speicherung von IP-Adressen hatten die Grünen als verbleibender Koalitionspartner der SPD bereits im Bundestag signalisiert, aus Gründen der Verhältnismäßigkeit dagegen zu sein. Faeser kündigte an, auf den Koalitionspartner erneut »zugehen« zu wollen.
Vor dem Bruch der Ampel-Koalition von SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen hatte der damalige Justizminister Marco Buschmann (FDP) einen Gesetzesentwurf zur sogenannten Quick-Freeze-Lösung bei der Speicherung von IP-Adressen an die Bundesländer sowie an Interessensverbände zur Stellungnahme verschickt. Mit Buschmanns Vorschlag würden Internetprovider erst dann die Internetadressen ihrer Kunden für den Staat »einfrieren«, sobald dieser aufgrund konkreter Verdachtsmomente einen Bedarf an diesen Daten anmeldet, sprich: auf richterliche Anordnung.
Faesers Ministerium war von Beginn an gegen das Quick-Freeze-Modell. Datenschützer und Bürgerrechtler werfen ihr vor, die wiederholt höchstrichterlich für verfassungswidrig bzw. gegen EU-Recht verstoßend erklärte »Vorratsdatenspeicherung« unter anderem Etikett etablieren zu wollen. (dpa/jW)
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