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Aus: Ausgabe vom 16.12.2024, Seite 8 / Ansichten

Echte Unabhängigkeit

Sahelallianz und ECOWAS
Von Jörg Kronauer
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Die ECOWAS-Tagung am 25. März 2022 in Accra, Ghana, beriet über den Umgang mit den »abtrünnigen« Sahelstaaten

Die Sahelallianz hält an ihrem Ziel fest, sich im Streben nach ernsthafter Unabhängigkeit nicht bloß von Frankreich, sondern auch aus der Regionalorganisation ECOWAS zu lösen: Das bekräftigten die drei Staaten der Alliance des États du Sahel (AES), Mali, Burkina Faso und Niger, kurz vor dem ECOWAS-Gipfel, der am Sonntag in Nigerias Hauptstadt Abuja stattfand. Die ECOWAS hatte zuletzt alle Hebel in Bewegung gesetzt, um den Austritt ihrer drei Mitglieder zu verhindern. Schließlich verliert sie mit den mehr als 70 Millionen Einwohnern der AES nicht nur fast die Hälfte der Bevölkerung außerhalb des Schwergewichts Nigeria. Ihren Mitgliedern droht, da nahezu alle ökonomisch eng mit den drei Sahelstaaten kooperieren, auch wirtschaftlicher Schaden. Die AES aber beharrt auf dem Austritt – allzutief sitzt die Erfahrung, dass die übrigen zwölf ECOWAS-Staaten einst Sanktionen verhängten, um sie zum Verzicht auf ihr Streben nach Unabhängigkeit zu veranlassen, und dass die ECOWAS sogar offen mit einem Einmarsch nach Niger drohte – alles in Abstimmung mit der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich.

Nein, die ECOWAS wolle man pünktlich zum 29. Januar 2025 verlassen, bestätigte die AES am Wochenende – und so kündigte sie denn auch an, nicht mehr an dem Gipfel am Sonntag teilnehmen zu wollen. Statt dessen arbeitet sie weiter auf Eigenständigkeit hin. So ist sie dabei, ihre Mitgliedstaaten enger zu verknüpfen, und bereitet unter anderem die Einführung miteinander abgestimmter Pässe vor. Gleichzeitig sucht sie ihre Wirtschaft zu stärken. Für den Sonntag war etwa die offizielle Inbetriebnahme der Lithiummine Goulamina in Malis Süden angekündigt, die zunächst weitere Exporteinkünfte generieren soll. Mittel- bis langfristig will Bamako das Lithium allerdings nutzen, um die eigene Industrialisierung voranzutreiben. In Niger wurde wiederum in der vergangenen Woche ein neues Dieselkraftwerk eingeweiht, das die Energieunabhängigkeit verstärken soll. Das Land ist bisher auf den Stromimport angewiesen, was es während der ECOWAS-Sanktionen besonders verwundbar gemacht hat.

Das Kraftwerk hat allerdings nicht nur Begeisterung ausgelöst. Es wurde von Marokko gespendet und nach dessen König Mohammed VI. benannt: So nimmt man Einfluss. Das vertrage sich nicht mit Nigers Unabhängigkeit, kritisierten manche. Die Forderung, die AES-Staaten müssten noch stärker auf echte Eigenständigkeit setzen, wird mittlerweile auch angesichts der Entwicklung in Syrien laut. Wenn man sich allzusehr auf andere verlasse – auch auf Russland –, könne das schiefgehen, wie man am Sturz von Baschar Al-Assad sehe, so lautet das Argument. Man müsse auch im Kampf gegen Dschihadisten und Aufständische mehr auf eigene Stärke setzen. Und es stimmt ja: Will man ernsthafte Unabhängigkeit erlangen, dann reicht die Trennung von Frankreich und der ECOWAS nicht aus.

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