Goodbye, Hemmungen
Von Knut MellenthinDonald Trump will Israel dabei helfen, sich die Bevölkerung des Gazastreifens vom Hals zu schaffen, indem sie auf arabische und andere islamische Länder verteilt wird. Das gab der exzentrische Milliardär am Wochenende gleich zu Beginn seiner zweiten Amtszeit als US-Präsident bekannt. Ägypten und Jordanien scheinen im Zentrum seiner Bemühungen zu stehen, vermutlich will er mit seinem üblichen Mix aus Nötigung und Bestechung vorgehen.
Aber auch Indonesien ist angeblich in diese Pläne einbezogen, wie der US-Sender NBC schon am 18. Januar berichtete. Das hatte drei Tage später eine Abfuhr des Außenministeriums in Jakarta zur Folge. Indonesiens Standpunkt bleibe eindeutig: Jeder Versuch, die Bewohner Gazas zu entfernen, sei völlig inakzeptabel. Amman hat ebenfalls Ablehnung signalisiert, es wäre verwunderlich, wenn Kairo anders reagieren würde.
Trump hat eine Regierung zusammengestellt, die auf allen für den Nahen Osten relevanten Positionen mit bekennenden und aggressiv auftretenden proisraelischen Figuren besetzt ist. Zu den ersten Amtshandlungen des alt-neuen Präsidenten gehört die Freigabe der Lieferung von superschweren Bomben an Israel, die sein Vorgänger Joe Biden im Mai 2024 vorübergehend gestoppt hatte. Es soll sich um 1.800 Stück des Typs »Mk 84« mit einem Gewicht von jeweils etwa 900 Kilogramm handeln. Eines der vielen Dekrete, die Trump am Tag seiner Amtseinführung unterzeichnete, widerruft die von Biden angeordneten Strafmaßnahmen gegen gewalttätige israelische Siedler, die palästinensische Dörfer und Kleinstädte auf der seit 1967 besetzten Westbank überfallen.
Im Vertrauen auf Trumps uneingeschränkte Solidarität glaubt Israels Regierung, sich fast alles erlauben zu können, ohne auch nur einen öffentlichen Tadel aus Washington zu riskieren. Israelische Soldaten hinderten am Wochenende Tausende vertriebene Palästinenser an der Rückkehr in den Nordteil des Gazastreifens, obwohl diese ein fest vereinbarter Teil des Abkommens mit der Hamas über den Gefangenenaustausch und den damit verbundenen Waffenstillstand ist. Vorwand war eine bislang nicht freigelassene israelische Geisel. Im Libanon schossen Angehörige der israelischen Streitkräfte auf Menschen, die für ihr vereinbartes Recht auf Rückkehr in ihre Wohnungen demonstrierten, und töteten 15 Menschen. Der Abzug der israelischen Streitkräfte aus dem Südlibanon wurde um 30 Tage verschoben. Für den Staat scheint mit »Trump 2« eine Zeit der Hemmungslosigkeit angebrochen.
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