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Aus: Ausgabe vom 28.01.2025, Seite 8 / Ansichten

Wertebasiert

Krieg im Kongo
Von Christian Selz
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Menschen, die durch die Kämpfe mit den »M 23«-Rebellen vertrieben wurden, machen sich auf den Weg ins Zentrum von Goma (26.1.2025)

Sonderlich viel Mühe gibt sich Ruandas politische Führung nicht mehr, den eigenen Angriffskrieg gegen die Demokratische Republik Kongo zu verschleiern. Aufgrund der »Kämpfe nahe der ruandischen Grenze« müsse man eine »nachhaltige Verteidigungsposition« einnehmen, hieß es nun aus dem Außenministerium in Kigali zum Einsatz zusätzlicher ruandischer Truppen auf kongolesischem Gebiet. Dass besagte Gefechte Teil der Offensive der nachweislich von Ruanda gelenkten Proxymiliz M23 sind, der Bock sich also hier zum Gärtner macht, stört in einer postfaktischen Welt nicht mehr. Internationales Recht ist in dem Konflikt, der in den vergangenen gut 25 Jahren schon mehr als sechs Millionen Menschen das Leben gekostet und sieben Millionen zu Vertriebenen gemacht hat, ohnehin eine Illusion. Der UN-Sicherheitsrat brachte es in seiner Stellungnahme vom Sonntag nicht einmal fertig, die »externen Kräfte«, die er so lauwarm wie pflichtschuldig zum Rückzug aufforderte, überhaupt beim Namen zu nennen.

Das Versagen der internationalen Diplomatie hat viele Väter. Zuvorderst – und man muss diesen strukturellen Rassismus in einer nach wie vor vom Westen dominierten Welt so schonungslos offenlegen – sterben im Kongo eben »nur« Afrikaner. Es gibt von dort keine Interviews mit Angehörigen von Verschleppten, keine Homestorys von gebrochenen Hinterbliebenen. Die menschlichen Schicksale in afrikanischen Konfliktgebieten werden in Zahlen abgehandelt, in Tausenden oder Millionen. Die Vereinten Nationen, einst gegründet, um eine gerechtere Welt zu schaffen, in der Menschenrechte universell gelten, sind viel zu geschwächt, als überhaupt noch ein Faktor zu sein. Ihre Ohnmacht, täglich demonstriert etwa in Gaza, verstehen Opportunisten wie Ruandas Präsident Paul Kagame als Einladung, das Völkerrecht selbst zu ignorieren. Zumal, und das ist der dritte wichtige Punkt, die von Ruanda ausgehende Attacke nicht als isolierter Nachbarschaftsstreit, sondern als ein Mosaikstein in einer globalen Blockkonfrontation im Kampf um Rohstoffe gesehen werden muss.

Insbesondere im umkämpften Osten der Demokratischen Republik Kongo lagern gigantische Vorkommen an seltenen Rohstoffen, die für Energiewende und Elektromobilität von großer Bedeutung sind. Kagame, ein ausgesprochener Verbündeter des Westens, der sich derzeit unter anderem mit einem – vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron persönlich angeleierten – Militäreinsatz zugunsten des französischen Ölmultis Total in Mosambik bewährt, sichert den Zugriff auf die Ressourcen. Mit etwas Zynismus könnte man sagen: Der Krieg basiert auf Werten – sie schlummern unter der Erde. Ernsthafte Sanktionen, wie sie die kongolesische Außenministerin nun in ihrer Hilflosigkeit vom UN-Sicherheitsrat fordert, muss Ruanda daher nicht befürchten. Kigali weiß um diesen Freibrief und nutzt ihn schonungslos.

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