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Aus: Ausgabe vom 29.01.2025, Seite 6 / Ausland
Migration

Lateinamerika wehrt sich

Das Vorgehen der USA gegen Kolumbien trifft auf Widerstand. Ein CELAC-Treffen ist einberufen
Von Volker Hermsdorf
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Gewerkschafter lassen sich Trumps Drohungen nicht gefallen und protestieren vor der US-Botschaft (Panama-Stadt, 20.1.2025)

Für die USA könnte sich der scheinbare Triumph Donald Trumps über Kolumbiens Präsidenten Gustavo Petro im Konflikt über die Abschiebung und Behandlung von Menschen ohne Aufenthaltstitel als Pyrrhussieg erweisen. Während einige rechte Staatschefs in Lateinamerika wie Javier Milei (Argentinien) und Nayib Bukele (El Salvador) Washingtons Drohungen mit Strafzöllen und Sanktionen gegenüber Bogotá hinnehmen, lehnt die Mehrheit sie entschieden ab. Auf einer von Honduras Präsidentin Xiomara Castro für Donnerstag einberufenen Dringlichkeitssitzung der aus 33 Ländern bestehenden Gemeinschaft der lateinamerikanischen und karibischen Staaten (CELAC) wird es neben Migration und der Einheit Lateinamerikas deshalb auch um Alternativen zu den Wirtschaftsbeziehungen mit den USA gehen.

»Wir müssen uns wirtschaftlich verändern, um den Sanktionen oder Maßnahmen, die kommen könnten, entgegenzuwirken. Lateinamerika muss sich angesichts des US-Angriffs stärker dem BRICS-Bündnis annähern«, so der kolumbianische Politologe Carlos Sierra in einem aktuellen Interview der russischen Agentur Sputnik. Aufgrund ihres Gewichts innerhalb dieser Organisation sollten vor allem die Beziehungen zu China und Russland ausgebaut werden, rät der Experte. Angesichts einer Trump-Regierung, die eine »disruptive Handelspolitik« betreibe, könnten die chinesischen und die anderen BRICS-Märkte »sicherer« sein, meint auch der argentinische Analyst Marcelo Robba. Wenn die USA mit Zöllen in Höhe von 25 Prozent auf Produkte lateinamerikanischer Länder drohen, könnten diese zwar ebenfalls Zölle auf US-Importe erheben, doch die Opfer würden letztlich nur die Menschen in beiden Ländern sein, argumentiert Sierra. Deshalb sollte die Region durch Annäherung an Beijing und Moskau den Ersatz von Importen durch eigene Waren fördern, empfiehlt er.

Befördert werden solche Überlegungen auch durch die von Trump entfachte Debatte über den Panamakanal. Allein seine Drohung, die Wasserstraße für die USA »zurückzuerobern«, hatte zu einer Abwertung der Anleihen des mittelamerikanischen Landes geführt, dessen Wirtschaft von den Kanaleinnahmen abhängt. Das Vorgehen gegen Kolumbien sei »ein typisches Trump-Manöver«, kommentierte die mexikanische Tageszeitung La Jornada: »Aggressiv gegen ein anderes Land vorgehen, eine Krise provozieren, eine Verhandlung beginnen und, bevor sie zu Ende ist, verkünden, dass er sein Gegenüber besiegt hat.« Trumps Ausbrüche hätten »das Potential, diplomatische und wirtschaftliche Krisen zu provozieren, die für die betroffenen Länder sicherlich mit hohen Kosten verbunden sind, die aber in ihrer Summe die Isolation Washingtons nur noch verstärken und seine Position als globale Hegemonialmacht schwächen werden«, so die Zeitung.

Dazu dürfte auch die Provokation beitragen, lateinamerikanische Schutzsuchende in Ketten zu legen und wie Sklaven in ihre Herkunftsländer zu transportieren. Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva reichte in Washington eine formelle Beschwerde über die »erniedrigende Behandlung« von abgeschobenen Landsleuten ein. Am Montag bestellte das Außenministerium Gabriel Escobar, den Geschäftsträger der US-Botschaft ein, um ihm »unangenehme Fragen« vorzulegen. In Washington macht das offenbar wenig Eindruck. Denn während Guatemala, Peru und Ecuador einem Telesur-Bericht zufolge Strategien für die Wiedereingliederung von abgeschobenen Staatsangehörigen ausarbeiten, meldete CBS News am Montag, dass Beamte der Trump-Administration in El Salvador über ein Asylabkommen verhandelten, das es den USA erlauben würde, Geflüchtete aus verschiedenen Ländern dorthin zu deportieren.

Ungeachtet der Verfolgung und Menschenrechtsverletzungen in den USA haben sich dennoch wieder Tausende Schutzsuchende von der südlichen Grenze Mexikos aus auf den Weg nach Norden gemacht, um in die USA zu gelangen. »Dieses Kontingent von Menschen verließ Tapachula, Chiapas, trotz der nach Trumps Amtsantritt erfolgten Annullierung des unter Biden eingeführten ›CBP-One-Antrags‹, der es ihnen erlaubt hätte, in den USA Asyl zu beantragen«, berichtete die Regionalzeitung El Sol de Chiapas.

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