Bürgerblock stimmt durch
Von Sebastian CarlensWer der wahre Gewinner der ersten gemeinsamen Blockabstimmung aller rechten Oppositionsparteien vom Mittwoch sein wird, muss sich zeigen. Seit Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz in der vergangenen Woche angekündigt hatte, mit den Stimmen der AfD Anträge durch den Bundestag bringen zu wollen, hat sich der Ton des Wahlkampfes deutlich verändert.
Trotz aller Aufregung um Merzens Tabubruch: Grundsätzlich besteht allseitige Bereitschaft, das bestehende Asylrecht mehr oder weniger drastisch einzuschränken. Mit Ausnahme der Partei Die Linke machen alle parlamentarischen Kräfte Vorschläge, die Zuwanderung zu begrenzen oder komplett zu stoppen. Die CDU hat mit beiden nun abgestimmten Anträgen allerdings weitgehend AfD-Positionen übernommen, ja teils noch übertroffen – die AfD-Fraktion übte Kritik wegen Grundrechtseinschränkungen »für Deutsche«.
Auch wenn die Abstimmung keine administrativen Folgen haben wird: Der gesamte Vorgang steht für einen beispiellosen politischen Rechtsruck innerhalb kürzester Zeit. Die sich mit Beginn der zweiten Präsidentschaft Donald Trumps ändernden geopolitischen Spielregeln zwingen das deutsche Kapital zur Neupositionierung. Entsprechend sinkt die Bereitschaft, an bisherigen parlamentarischen Gepflogenheiten festzuhalten. Die jeweiligen geopolitischen Konzepte, die die Union und die AfD vertreten, bleiben zunächst unvereinbar, eine unmittelbar bevorstehende schwarz-blaue Koalition ist vor allem deshalb unwahrscheinlich. Die Union setzt – auch gegenüber einem Präsidenten Trump – auf ein transatlantisches Bündnis, das sich militärisch gegen Russland und die VR China richtet. Innerhalb der AfD ringen verschiedene Strömungen miteinander, die teils eine Annäherung an Russland befürworten, teils mit regierungsnahen US-Milliardären paktieren. Eine Scharnierfunktion zwischen letzterer AfD-Fraktion und CDU/CSU nimmt der Springer-Konzern ein, der die Zuwanderungshysterie nicht nur publizistisch nutzt und befeuert. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich hier neue Bündnisse ergeben. Allerdings sind die Grünen als erwiesen verlässliche Transatlantiker koalitionsbereit, auch wenn ihre innenpolitischen Vorstellungen mit jenen der Union aktuell wenig vereinbar wirken.
Zumindest – und dies ist die neue Qualität eines rechten Bürgerblocks, der die parlamentarische Mehrheit inne hat und nach der Wahl Ende Februar vermutlich noch ausbauen kann – steht nun die latente Drohung ins Haus, »notfalls« auch gegen die anderen Parteien alle innenpolitischen Vorhaben mit dieser Mehrheit durchzustimmen. Die Kampfansage richtet sich direkt gegen die bisherigen parlamentarischen Mehrheitsbeschaffer von Seiten der Sozialdemokratie – und der mit ihr assoziierten Gewerkschaftsbewegung. Die rechte Massenbasis ist vielfältig einsetzbar. Bei Asylrechtsverschärfungen wird es kaum bleiben.
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