Ethnisierung des Sozialen
Von Alev BahadirAm Mittwoch hat die Union mit Hilfe der AfD einen Antrag zur Verschärfung der Migrationspolitik beschlossen. Am Freitag folgte die Abstimmung über eine Gesetzesverschärfung, mit der der Familiennachzug eingeschränkt und die sogenannten Pushbacks an den Grenzen vorangetrieben werden sollten. Der Antrag wurde nur mit knapper Mehrheit abgelehnt.
Diese Anträge markieren einmal mehr, dass die sogenannte Brandmauer nur eine Floskel ist und die migrationsfeindliche Politik, die seit Monaten vorangetrieben wird, immer größere Ausmaße annimmt. Letztlich sind alle Parteien außer der Partei Die Linke, die aber in von ihr regierten Bundesländern ebenfalls abschiebt, bereit, das Asylrecht bis zur Unkenntlichkeit zu entstellen. Die Empörung, die in der aktuellen Diskussion wegen einer Zusammenarbeit mit der AfD mitschwingt und die den Inhalt beinahe verschwinden lässt, spielt Parteien wie SPD und Grünen in die Hände. Auch wenn beide sich im Wahlkampf als »Wahrer der Menschenrechte« aufspielen, wissen wir nach dreieinhalb Jahren Ampelregierung, dass es zwischen den Parteien nur wenige Unterschiede gibt, wenn es darum geht, die sozialen Probleme zu ethnisieren.
Jeder verabscheuungswürdige Anschlag, sei es in Magdeburg oder jetzt in Aschaffenburg, wurde von den Parteien bereitwillig genutzt, um die Befugnisse der Behörden auszuweiten und die Stimmung gegen Migranten und Geflüchtete anzuheizen. Wer sich nicht an Gesetze halte, müsse abgeschoben werden. Wer straffällig werde, dem solle die deutsche Staatsbürgerschaft entzogen werden. Migranten, die seit Jahrzehnten in Deutschland leben, arbeiten und Teil der Gesellschaft sind, werden gegen den Rest der werktätigen Bevölkerung ausgespielt. Geflüchtete, die vor den Kriegen und der Umweltzerstörung fliehen, werden hier kriminalisiert und schnellstmöglich abgeschoben. Selbst wenn das bedeutet, sie in Kriegsländer wie Syrien oder Afghanistan zurückzuschicken.
Wer all das näher betrachtet, erkennt das Muster: Die hohen Kosten für Krieg und Aufrüstung und Wirtschaftssubventionen werden auf den Rücken der Werktätigen abgewälzt. Diese Tage haben vor allem gezeigt, dass ein alleiniges Engagement gegen die AfD nicht ausreicht. Auch die anderen Parteien tragen Verantwortung. Die antirassistischen Kämpfe, die wir derzeit erleben, dürfen nicht von den Parteien vereinnahmt werden, denn Rassismus und die soziale Frage sind untrennbar miteinander verbunden. Diesen Kampf ehrlich und nachhaltig zu führen, das können nur wir selber tun!
Alev Bahadir ist Bundesvorstandsmtglied von DIDF
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