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Aus: Ausgabe vom 03.02.2025, Seite 8 / Inland
Recht auf Scheidung der Ehe

»Uns läuft langsam die Zeit davon«

Philippinen: Gesetz für Scheidungsrecht hängt im Senat fest. Initiative fordert Beschluss. Ein Gespräch mit Alpa Joy Alfafara
Interview: Thomas Berger, Manila
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Für ein Recht auf Scheidung: Frauen demonstrieren am Internationalen Frauenkampftag (Manila, 8.3.2024)

Die katholisch dominierten Philippinen sind neben dem Vatikan eines von nur zwei Ländern weltweit, die bisher keine Scheidung erlauben. Wo liegen die Ursprünge Ihrer »Divorce Pilipinas Coalition«?

Es gab einige Facebook-Gruppen, die sich dazu engagierten. Als Pantaleon Alvarez 2016 Parlamentsvorsitzender des Unterhauses wurde, nahm das Ganze deutlich Fahrt auf, indem er das Thema in den Fokus holte. Ich gehöre selbst zu den Gründerinnen der Coalition, für die es davor eine Initiative gab, um unsere Bemühungen als einzelne Gruppen auf eine breitere Basis zu stellen.

Wie setzt sich Ihre Koalition zusammen?

Das Spektrum ist breit gefächert: von eher kirchlich gebundenen Gruppen bis zu solchen, die deutlich kirchenkritisch sind. Die Gründung war im März 2018, und schon im April desselben Jahres haben wir einige größere Aktionen gestartet, darunter den »Walk for Divorce«. Seit diesen Anfängen hat es einen stetigen Aufschwung gegeben. Inzwischen gibt es auch mit den Medien sehr viel offenere Interviews dazu, als dies früher der Fall war. Die Atmosphäre ändert sich. Es wird anerkannt, dass wir vor allem für Frauen eine Option auf Scheidung erreichen wollen – ob die dann genutzt wird, ist am Ende eine ganz persönliche Entscheidung.

Im Mai 2024 hat das Repräsentantenhaus mit knapper Mehrheit für den Entwurf eines Scheidungsgesetzes gestimmt. Aktuell hängt das »Absolute Divorce Bill« im Senat, der mächtigen zweiten Kammer, fest. Wie ist der Stand?

Der konservativ dominierte Senat stört sich vor allem am Wort »Scheidung«. Wir hoffen jetzt, dass es trotz der Bedenken und Widerstände zur zweiten und dritten Lesung kommt. Ich weiß durch meine langjährige Lobbyarbeit auch, dass ein solches Gesetz keine Idealvariante ist. Doch wenn wir erst einmal diese Basis gelegt haben, kann man hinterher immer noch auf Nachbesserungen drängen.

Gegen das Gesetzesvorhaben kommt noch immer erbitterter Widerstand aus konservativen Teilen der Gesellschaft …

Ja, vor allem von kirchlicher Seite, enge Verbündete sitzen im Parlament. Da ist zum Beispiel ein Senator, der Sohn eines Priesters ist und der öffentlich gesagt hat: »Scheidungsgesetz – nur über meine Leiche!« Es gibt zwar eine ganze Reihe Gruppen, die gegen die angestrebte Reform mobilmachen, aber im Grunde haben alle Verbindungen zur Kirche.

Bisher gibt es für Ehen, die zerrüttet sind, nur sehr wenige rechtliche Auswege. Welche sind das?

In erster Linie die Annullierung. Die kann auch für spezielle Fälle so fortbestehen. Aber das ist keine echte Lösung für die meisten Betroffenen. Zwar leben schon heute landesweit eine Menge Paare getrennt. Doch erst eine richtige Scheidung gibt gerade Frauen wirklich ihre Unabhängigkeit zurück. Es geht beispielsweise um die formelle Aufteilung des gemeinsamen Eigentums, aber auch um die Möglichkeit, neu zu starten. Manche wollen nach der Scheidung allein bleiben. Andere möchten vielleicht noch mal eine Beziehung eingehen.

Wir hatten Scheidungen schon in vorkolonialer Zeit, auch einige indigene Gruppen praktizieren sie bis heute, Muslimen wird sie über die Scharia zugestanden. Insofern geht es um die Bevölkerungsmehrheit, für die da eine rechtliche Gleichstellung mit solchen bestehenden Ausnahmen für Minderheiten erfolgen muss. Zudem ist Scheidung ein Menschenrecht.

Rechnen Sie damit, dass der Senat vor den Zwischenwahlen im Mai zustimmt?

Die Chancen sind gering. Aber wir geben nicht auf und werden im Februar mit unserer Kampagne nachsetzen. Aber uns läuft langsam die Zeit davon. Wir appellieren dabei an die Politikerinnen und Politiker: Sie müssen dranbleiben, dass diese Vorschläge tatsächlich Gesetzeskraft erlangen. Klappt es nicht mehr vor den Wahlen, fangen wir beim konkreten Gesetzesvorhaben wieder bei null an.

Alpa Joy Alfafara ist Mitbegründerin der philippinischen Bürgerrechtsorganisation PAJEDI und Koordinatorin des Bündnisses »Divorce Pilipinas Coalition«

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