Ungleiche Lose-lose-Gefechte
Von Jörg Kronauer
In den Trumpschen Zollschlachten erleiden alle Beteiligten Verluste, auch die Vereinigten Staaten. Allerdings sind deren Verluste, da sind sich die Auguren einig, in aller Regel deutlich geringer als diejenigen ihrer Gegner. Aus den Lose-Lose-Gefechten gehen also die USA erheblich weniger geschwächt hervor als die jeweils andere Seite, und das heißt: Sie gelten als Gewinner. Das bedeutet aber nicht, dass es nicht trotzdem einige Teilaspekte gibt, die dem US-Establishment wehtun. Aktuell jammert etwa Apple. Laut einer aktuellen Untersuchung von J. P. Morgan werden rund 89 Prozent aller I-Phones, 95 Prozent aller I-Pads und immer noch 55 Prozent aller Apple Watches in China produziert – jeweils auch solche, die in den USA verkauft werden. Die Bank of America schätzt die Zahl der in den Vereinigten Staaten verkauften Apple-Geräte auf 80 Millionen. Auf sie fallen seit Dienstag zehn Prozent Zölle an. Das spürt die Konzernkasse durchaus.
Dann wäre da noch die Tatsache, dass importierende Konzerne – vermutlich auch Apple – versuchen, die Zölle ihren Kunden aufzubürden. Während die zusätzlichen Zolleinnahmen in staatlichen Kassen landen und etwa genutzt werden können, um den riesigen US-Militäretat noch ein weiteres Stück aufzublasen, steigen die Kosten für die US-Verbraucher, und zwar nicht zu knapp. Die Washingtoner Denkfabrik Peterson Institute for International Economics (PIIE) hat berechnet, wie die Zehn-Prozent-Zölle auf Einfuhren aus China und die 25-Prozent-Zölle auf Einfuhren aus Mexiko und Kanada die Konsumenten belastet hätten, wären die Zölle im Fall Mexikos und Kanadas nicht vorläufig ausgesetzt worden. Das Resultat: Der Durchschnittshaushalt zahlt pro Jahr mit den Zöllen über 1.200 US-Dollar mehr als ohne sie. Das schmerzt. Trump persönlich wiederum wäre das wohl ziemlich egal, nicht gänzlich gleichgültig kann ihm jedoch der Zuspruch seiner Wählerklientel sein.
Es gibt einen dritten Aspekt, der vor allem die US-Republikaner kaum interessieren dürfte, der sich aber langfristig als folgenreich erweisen könnte: Das sind die Schlussfolgerungen, die die betroffenen Länder – und deren Bevölkerungen – aus den Schäden ziehen, die ihnen durch die US-Zölle entstehen. Darauf hat jetzt das Umfrageinstitut Angus Reid mit Sitz im kanadischen Vancouver hingewiesen. Es fand heraus, dass der Trumpsche Zollkrieg die Menschen aufrüttelt. 90 Prozent verfolgen die Entwicklung aufmerksam. Zwar plädieren 59 Prozent der kanadischen Bevölkerung dafür, die durch die Zölle entstandenen Schäden in den Beziehungen zwischen beiden Ländern wieder zu kitten. 41 Prozent sind aber dagegen, dies vorrangig zu tun. 91 Prozent wiederum dringen darauf, die Abhängigkeit des Landes von den USA zu reduzieren. Langfristig treiben die Zölle – wie auch die sonstigen Trumpschen Zwangsmaßnahmen – die betroffenen Bevölkerungen in Opposition zu den USA.
Siehe auch
links & bündig gegen rechte Bünde
Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.
Ähnliche:
- jW-Montage: Lucas Jackson/Christian Hartmann/Mark Avery/REUTERS/Zuma Press/IMAGO05.02.2025
Beijing kontert Aufschlag
- NurPhoto/IMAGO05.02.2025
Zollschocks aus Washington
- Imelda Medina/REUTERS03.02.2025
Wie du mir, so ich dir
Mehr aus: Schwerpunkt
-
Begrenzte Spielräume
vom 07.02.2025