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Aus: Ausgabe vom 10.02.2025, Seite 1 / Titel
Gaza

Nächste Bedrohung

Gaza: Nach Vertreibungsplänen beraten Länder der Arabischen Liga. Sie lehnen den »Transfer« nicht nur ab, sie könnten ihn auch nicht stemmen
Von Knut Mellenthin
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Alles zerstört: Vom Firas-Platz in Gaza-Stadt ist nur noch Schutt geblieben (8.2.2025)

Donald Trumps »Vision«, die Bevölkerung des Gazastreifens auszusiedeln und über mehrere Länder zu zerstreuen, stößt in der arabischen und islamischen Welt auf allgemeinen Widerstand. Der seit dem 20. Januar amtierende Präsident der USA hatte diese Idee am Dienstag voriger Woche während eines Besuchs des israelischen Premierministers Benjamin Netanjahu im Weißen Haus öffentlich vorgestellt und damit weltweit Überraschung ausgelöst. Neben scharfen Protesten aus den hauptsächlich angesprochenen Nachbarländern Israels, Ägypten und Jordanien, wiesen am Mittwoch auch die Sprecher der Arabischen Liga (AL) mit 22 Mitgliedern und der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) mit 57 Mitgliedern Trumps Vertreibungsplan zurück. Außer der israelischen Regierungskoalition aus Rechten und Rechtsextremen hat niemand sich für die »Vision« des US-Präsidenten ausgesprochen, obwohl dieser täglich behauptet, er sei damit international auf sehr viel Sympathie und Zustimmung gestoßen.

Am Sonntag kündigte Ägypten die Einberufung eines arabischen Gipfeltreffens an, das am 27. Februar in Kairo, dem Sitz der AL, stattfinden soll. Der Verlautbarung des ägyptischen Außenministeriums zufolge waren der Ankündigung »Konsultationen und Koordinierung auf höchster Ebene mit arabischen Bruderländern in den letzten Tagen, einschließlich des Staates Palästina, der dieses Gipfeltreffen beantragt hat«, vorausgegangen. Gegenstand der Beratung seien »die jüngsten bedrohlichen Entwicklungen«.

Außerdem hat angeblich Pakistan ein Gipfeltreffen der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) gefordert. Bekanntgegeben wurde das allerdings zunächst nur von Irans Außenminister Abbas Araghchi nach einem Telefongespräch mit seinem pakistanischen Amtskollegen, Ishaq Dar. Hinter den Protesten gegen Trumps Projekt, das sich völlig mit jahrzehntelangen israelischen »Transfer«-Plänen deckt, stehen im wesentlichen zwei Argumente: Erstens will sich keines der angesprochenen Länder an der völkerrechtswidrigen Vertreibung der Palästinenser, der nach dem Gazastreifen logischerweise auch die seit 1967 von Israel besetzte Westbank folgen könnte, beteiligen und für deren Folgen international verantwortlich gemacht werden. Allen arabischen Politikern ist klar, dass es darum gehen soll, die Hand zur endgültigen Beseitigung des Ziels eines unabhängigen palästinensischen Staates zu reichen. Zweitens betrachten insbesondere die instabilen Nachbarländer Jordanien und Ägypten die Aufnahme von Hunderttausenden verarmter Vertriebener aus dem Gazastreifen als innenpolitisches und wirtschaftliches Risiko.

Neben Ägypten und Jordanien hat Trump, israelischen Medienberichten zufolge, ein Auge auch auf Indonesien, Marokko, Somaliland und Puntland geworfen. Die beiden letzteren gelten international zwar unstrittig als Teile Somalias, erheben aber Anspruch auf Eigenstaatlichkeit. Vielleicht halb im Scherz brachte Netanjahu am Sonnabend in einem Fernsehinterview auch Saudi-Arabien als potentiellen Aufnahmestaat für vertriebene Palästinenser ins Gespräch. Dort gebe es »Land genug«, höhnte der israelische Regierungschef. In Riad versteht man in so ernsten Dingen offenbar keinen Spaß. Es hieß, Kronprinz Mohammed bin Salman habe die Haltung des Königreichs mehrmals dargelegt. Nämlich: Ohne Zustimmung Israels zur Schaffung eines palästinensischen Staates keine Normalisierung der ­Beziehungen.

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