Rechte Staatspflege
Von Werner SieblerFriedrich Merz öffnet der AfD die Tore, Linke werden mit Berufsverboten belegt. Das ist der Geist, der gegenwärtig durch die Republik weht. Die Begründung des bayerischen Kultusministeriums zur Frage, warum die Klimaschutzaktivistin Lisa Poettinger ihr Lehramtsreferendariat nicht antreten darf, ist eine Drohung, die sich an all jene richtet, die eine Anstellung im Staatsdienst anstreben. Die Verwendung des Begriffs »Profitmaximierung«, der als Beleg für Poettingers marxistische Gesinnung ausgewiesen wird, reicht schon aus, um die Verweigerung auszusprechen. Von etlichen gebraucht, ist dies im übrigen ein Begriff, der reale gesellschaftliche Vorgänge sehr viel besser abbildet als das, was bayerischen Ministern, Staatssekretären und Referatsleitern gemeinhin je durch den Amtsschädel rauschen dürfte. Wer aber diesen Begriff nun auch noch in einen sinnfälligen Zusammenhang setzt mit der Verhinderung von Klimaschutzmaßnahmen oder gar mit Schritten der Aufrüstung und der Kriegsertüchtigung, macht sich beim Freistaatsapparat gleich doppelt verdächtig.
Man muss nicht um den heißen Brei herumreden. Was der bayerische Staat hier anwendet, ist die Praxis der Berufsverbote. Das hat in der Bundesrepublik Tradition. Es gehörte bereits zu den Prinzipien des ersten Bundeskanzlers Konrad Adenauer, mit den Rechten zu paktieren und gegen Linke mit den Mitteln der Staatsgewalt vorzugehen. Auf diesem Prinzip wurde die Bundesrepublik aufgebaut. Verfassungsschutz und BND wurden mit ehemaligen Nazis errichtet und hatten von Anfang an den Auftrag, gegen Linke und Kriegsgegner Material zu sammeln, das bei Bedarf hervorgezogen wird, um ein Berufsverbot zu begründen. Lisa Poettinger und Benjamin Ruß, dessen Anstellung an der TU München mit gleicher Begründung unterbunden wurde, sind da nur die jüngsten Beispiele.
Solche Schritte behält sich allerdings nicht nur die in Bayern regierende CSU vor. Auch SPD und Grüne streben eine Neuauflage der Berufsverbotspraxis an. Die Einführung der »Verfassungstreuechecks« in Brandenburg, Hamburg und Niedersachsen lässt jedenfalls kaum einen anderen Schluss zu. Die Behauptung, die Maßnahmen richteten sich gegen Aspiranten mit extrem rechter Gesinnung, erscheinen schlicht unglaubwürdig. Und es ist auch kein Zufall, dass die wenigen Ansätze, die es bisher gab, die Betroffenen der Berufsverbote der 1970er und 80er Jahre zu rehabilitieren, mit dem Beginn der »Zeitenwende« gestoppt wurden. Wachsende Aggressivität nach außen war in der Geschichte Deutschlands noch stets begleitet von der Verfolgung Andersdenkender innerhalb des Landes. Es wird Zeit für eine Bewegung gegen diese unheilvolle Entwicklung.
Werner Siebler ist Sprecher des Bundesarbeitsausschusses der Initiativen gegen Berufsverbote und für die Verteidigung der demokratischen Grundrechte
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