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Aus: Ausgabe vom 14.02.2025, Seite 2 / Ausland
Landkonflikt in Honduras

»Sie verbreiten Angst unter den Bauernfamilien«

Honduras: Banden attackieren Kleinbauern im Auftrag von Agrarkonzernen. Ein Gespräch mit Victor Fernández
Interview: Thorben Austen, Quetzaltenango
HONDURAS-MIGRATION-LAND.JPG
Trujillo, Honduras, 7.12.2021

In den vergangenen Monaten eskalierte die Gewalt gegen Kleinbauern und Kooperativen in der Region Bajo Aguán im Nordosten von Honduras erneut. In der Region gibt es schon seit Jahrzehnten Konflikte um Land. Was passiert aktuell?

Es ist ein Konflikt zwischen Agrarunternehmen und Kleinbauernfamilien in der Region. In den vergangenen Wochen gab es mehrere gezielte Morde an Mitgliedern von Kleinbauernkooperativen, ausgeführt von kriminellen Banden im Auftrag der Unternehmen. Die Unternehmen haben sich widerrechtlich in den vergangenen Jahrzehnten Land angeeignet, was nach der Verfassung von Honduras im Rahmen der Landreform an Kleinbauernfamilien und Kooperativen übergeben wurde.

Wir vertreten die kleinbäuerliche Agrarplattform juristisch und fordern die vollständige Rückgabe des Landes an die Bauernfamilien inklusive rechtlich bindender Landtitel. Dazu haben wir der Regierung von Xiomara Castro verschiedene Vorschläge unterbreitet und sind im Dialog. Konkrete Antworten haben wir von Seiten der Regierung aber bisher nicht bekommen. Unser Eindruck ist, als würden die Agrarunternehmen jetzt im letzten Jahr der Regierung Castro versuchen, den Konflikt zu eskalieren und Angst unter den Bauernfamilien zu verbreiten.

Wann haben die Landreformen stattgefunden?

Das war in den 1970er Jahren. Es war aber Land, das nicht genutzt wurde, denn die Kleinbauernfamilien haben es erst nutzbar gemacht. In den 1990er Jahren fand im Rahmen der Einführung des neoliberalen Modells in ganz Lateinamerika die Privatisierung von Gemeindeland statt. Agrarunternehmen haben sich Land angeeignet und gingen dabei mit Gewalt gegen die Bauern vor sowie mit Bestechungen und Allianzen mit der Politik der 1990er und 2000er Jahre. Die Agrarunternehmen nutzen das Land für den Anbau von Ölpalmen für den Export, die Kleinbauern versorgen aber Honduras mit Lebensmitteln. Die aktuellen Angriffe auf die Kleinbauern destabilisieren und unterbrechen den Produktionsprozess.

In den Medien war immer wieder die Rede von kriminellen Gruppen, die im Auftrag – teilweise als Sicherheitsdienst – der Unternehmen tätig sein sollen. Was können Sie dazu sagen?

Wir haben im Namen der Agrarplattform Anzeigen gestellt gegen Mitglieder von drei kriminellen Banden in der Region, die uns namentlich bekannt sind. Sie versuchen, ihre kriminellen Aktivitäten zu tarnen und geben sich teilweise als Dorfbewohner aus. Die Gewalttaten und Angriffe auf die Kooperativen sind aber dokumentiert. Zuletzt haben sich diese Gruppen regelrechte Schießereien mit der Polizei geliefert.

Der Verein Christliche ­Initiative Romero e. V. hat in Deutschland mit 32 anderen Organisationen einen offenen Brief veröffentlicht, in dem er Geschäftspartner des Palmölherstellers Corporación Dinant auffordert, keine Produkte mehr von Dinant zu kaufen. Wie sehen Sie solche Initiativen und welche Rolle spielt Dinant in der Region?

Solche Initiativen sind sehr gut und zu unterstützen. Corporación Dinant ist der führende Palmölhersteller in der Region. Wir wissen, dass sich das Unternehmen bemüht, zertifiziert zu bekommen, dass es Menschenrechte und Umweltschutz achtet. Da ist es wichtig, international darauf hinzuweisen, dass dies keinesfalls zutrifft. Es geht nicht nur um gewaltsame Vertreibungen und Morde, sondern auch um Umweltverschmutzung und Kontamination. Auch hier haben wir schon Anzeigen vorbereitet, denn Umweltschutzbestimmungen werden nicht eingehalten.

Honduras geht jetzt ins vierte Jahr der Regierung von Xiomara Castro, ihre Partei Libre entstand aus sozialen Kämpfen und dem Widerstand gegen den Putsch 2009. Wie positioniert sich die Regierung heute in Fragen zu Konflikten um Land?

In Worten stehen Xiomara Castro und die Regierung weiter hinter den Kämpfen von Kleinbauern, Arbeitern und Indigenen. Aber an konkreten Lösungen fehlt es. Es gibt keine Lösung des Konfliktes in Bajo Aguán, auch keine Lösungen in der Frage der Landtitel für indigene Völker.

Victor Fernández ist Rechtsanwalt beim Bufete Estudios para la Dignidad (Anwaltsbüro für die Würde) in San Pedro Sula, Honduras

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