Petros Kabinett zerstritten
Von Thomas Walter![7.JPG](/img/450/205444.jpg)
Die linke Regierung Kolumbiens befindet sich in einer ihrer bisher schwersten Krisen, hielt am Dienstag der Sender Telesur fest. Am Wochenende hatte Präsident Gustavo Petro die Mitglieder seines Kabinetts aufgefordert, ihre Ämter zur Verfügung zu stellen, um sie neu zu besetzen. Darauf warf Innenminister Juan Fernando Cristo am Montag das Handtuch. Dem waren schon mehrere Rücktritte vorausgegangen. Auslöser der Krise, die längst unter der Oberfläche brodelte, war Petros Idee, eine Kabinettssitzung in der vergangenen Woche vor laufenden Kameras abzuhalten. Falls seine Absicht gewesen sein sollte, der Öffentlichkeit seine immer öfter in Frage gestellte Regierungsfähigkeit zu demonstrieren, ging das Ganze nach hinten los. In unappetitlich autoritärer Manier kanzelte er seine Minister ab und beschuldigte sie, die Umsetzung seiner Wahlversprechen zu blockieren.
Tatsächlich hat die Regierung Petro außer einer Reform des Rentensystems bisher nur wenige ihrer zahlreichen Pläne umgesetzt. Die schnell persönlich werdenden Streitereien angefacht hatte aber die Ernennung von Armando Benedetti als Kabinettschef. Benedetti, ein alter Hase im Politikgeschäft, der eher von Machtambitionen denn von ideologischen Präferenzen getrieben wird und früher schon den ultrarechten Präsidenten Álvaro Uribe unterstützt hatte, wird Korruption, sexistisches Verhalten und Gewalt in der Partnerschaft vorgeworfen. Umweltministerin Susana Muhamad, die kürzlich den Biodiversitätsgipfel COP 16 in Cali ausgerichtet hatte, erklärte auf der Sitzung, als Feministin nicht mit Benedetti arbeiten zu können. Unterstützt wurde sie von der Vizepräsidentin und Gleichstellungsministerin Francia Márquez, Flaggschiff in Petros Regierung, die für die Förderung von Minderheiten und gegen sexistische Strukturen angetreten war. Die Zerstrittenheit des Polo Patriótico, eines Bündnisses aus linken Parteien, das Petro an die Macht gebracht hatte, wurde offenkundig. Ob es gelingen wird, diesen Verbund für die in einem Jahr anstehenden Neuwahlen erneut zu einigen, scheint fraglich.
Die Regierung steht derzeit auch sonst unter keinem glücklichen Stern. Zu der diplomatischen Schlappe, die Petro einstecken musste, als er sich mit Donald Trump anlegte, um die Rückführung von Kolumbianern aus den USA zu verhindern, gesellt sich der Konflikt mit der Nationalen Befreiungsarmee (ELN), der ältesten und mittlerweile einzigen linken Guerilla in Kolumbien. In Catatumbo, im Grenzgebiet zu Venezuela, liefert sich die ELN derzeit einen Machtkampf mit dem »Frente 33«, einer Abspaltung der 2018 demobilisierten Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC), der schon Dutzende Tote und Zigtausende Vertriebene gefordert hat. Die ELN, die sich im Gegensatz zu den FARC historisch vom Drogenhandel distanziert hatte, behauptet, dass der »Frente 33« keine politische Organisation sei, sondern lediglich die nach der Demobilisierung herrenlos gewordenen Kokaanbaugebiete kontrollieren will.
Im Gegensatz zu Präsident Petro, der der ELN unterstellt, Teil des internationalen Drogenhandels zu sein, stellt sich für ELN-Chef Antonio García die Sache anders dar. Tatsächlich betreibe der »Frente 33« sein Geschäft unter dem Schutz der Armee, die in der Vergangenheit auch mit den Paramilitärs zusammengearbeitet hat. In einem Interview am Sonnabend äußerte er sich auch zu den geplatzten Friedensverhandlungen. Petro behauptet, dass er sie abgebrochen habe als Konsequenz aus den Kämpfen im Catatumbo. Tatsächlich hatte die ELN den Verhandlungstisch aber schon im November verlassen, da sie der Regierung falsches Spiel vorwarf. »Die Gespräche befinden sich in einer Krise, weil sich die Regierung nicht an die Vereinbarungen hält und dann versucht, die ELN über die Medien unter Druck zu setzen, damit sie die Wünsche der Regierung akzeptiert«, meint García. »Man kann sich nicht an den Verhandlungstisch setzen, um sich täuschen zu lassen, und auch nicht, um Erpressungen zu akzeptieren. Die Regierung verwechselt Verhandlungen mit Kapitulation. Aber das wird nicht passieren.«
links & bündig gegen rechte Bünde
Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.
Ähnliche:
- Carlos Eduardo Ramirez/REUTERS05.02.2025
Krieg im Catatumbo
- ZUMA Press Wire/IMAGO27.01.2025
Bogotá geht zu Angriff über
- Cover-Images/IMAGO21.01.2025
Schwere Vorwürfe gegen ELN
Regio:
Mehr aus: Ausland
-
»Sie verbreiten Angst unter den Bauernfamilien«
vom 14.02.2025 -
Massenprotest
vom 14.02.2025 -
Hamas rettet Waffenruhe
vom 14.02.2025 -
Nachdenken über Angriff auf Iran
vom 14.02.2025 -
Kulturkämpfer auf Kreuzzug
vom 14.02.2025 -
Regierung in Wien gesucht
vom 14.02.2025 -
»Wir appellieren an die Jugend der Welt«
vom 14.02.2025