Verbündete schikanieren
Von Jörg Kronauer![Russia_Ukraine_Putin_84967611.jpg](/img/450/205466.jpg)
Jetzt hat man es schwarz auf weiß: Über das Ende des Ukraine-Kriegs entscheiden weder die ukrainische Regierung noch die Regierungen der alten Mächte im westlichen Teil Europas. Die Einstellung der Kämpfe vereinbaren Russland und die USA. Klar war stets, dass die Ukraine materiell wie auch operativ von der Unterstützung der Vereinigten Staaten abhängig war, dass also ein simples und trockenes »no« aus Washington ihren Streitkräften binnen kürzester Zeit den Stecker gezogen hätte. Dennoch legte die Biden-Regierung bis zuletzt Wert darauf, den Anschein zu wahren, es hänge alles von Kiew und, aber natürlich, auch von den allerbesten Verbündeten in Europa ab. Mit dem gewohnten Anschein hat Donald Trump nun Schluss gemacht: Er und Wladimir Putin werden über das Kriegsende verhandeln. Ob Wolodimir Selenskij und einige – so ihr PR-Jargon – »Europäer« vom Katzentisch aus zuhören dürfen, ist noch nicht ausgemacht.
Warum dieser Bruch mit den bisherigen Gewohnheiten, die Biden noch aufrechterhielt? Wer ihn allein Trumps Charakter, seinem individuellen Herrschaftsstil zuschreibt, greift erheblich zu kurz. Bislang litten unter der US-Hegemonie deren erklärte Gegner von Kuba über Syrien bis zu Russland und China. Für die Verbündeten hingegen, darauf achtete man in Washington stets, fiel immer etwas ab, und zwar nicht bloß Brosamen. Der Bundesrepublik ermöglichte die US-Hegemonie einen rasanten Aufstieg aus den Nachkriegstrümmern zu einer der führenden Wirtschaftsmächte weltweit. Trump vollzieht nun den Schwenk von der Hegemonie hin zur blanken, nicht mehr täuschend verkleideten Dominanz. Wer bestimmt? Die USA. Wer führt wichtige Verhandlungen? Der US-Präsident. Wer kann bleiben, wo die Kartoffel wächst? Kein Wunder, dass Außenministerin Annalena Baerbock am Donnerstag die beleidigte Leberwurst gab.
Der Grund für den Schwenk von der – für die Verbündeten – generösen US-Hegemonie hin zur – für alle Welt – kostspieligen US-Dominanz liegt auf der Hand. Der Machtkampf gegen den großen Rivalen China spitzt sich in einer Zeit zu, in der das relative ökonomische Gewicht der Vereinigten Staaten in der Welt sinkt. Die wirtschaftliche sowie die militärische Aufrüstung gegen Beijing, die Washington mit aller Kraft vorantreibt, kosten, bei knapperen Kassen, mehr denn je; sie lassen eine gewisse Großzügigkeit sowie den Anschein von Mitbestimmung nicht mehr zu. Die Frage stellt sich freilich: Wird es den USA gelingen, Verbündete zu schikanieren und sie zugleich bei der Stange zu halten? Unter Trump starten die USA die Probe aufs Exempel.
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