Mit aller Welt anlegen
Von Jörg Kronauer
Viel Feind, viel Ehr’? US-Präsident Donald Trump testet zur Zeit den Wahrheitsgehalt des Spruchs, der einem vor 500 Jahren für die Habsburger kämpfenden Warlord zugeschrieben wird, aus. Mit seinen Zöllen legt er sich mit aller Welt an, auch mit engen Verbündeten – mit Kanada etwa, das er zudem penetrant sowie nach Einschätzung von Premierminister Justin Trudeau mit allem Ernst auffordert, seine Staatlichkeit aufzugeben und als 51. Bundesstaat den USA beizutreten. Damit hat er in Kanada viel Wut und eine Boykottkampagne ausgelöst – und Chrystia Freeland, Exfinanzministerin und mögliche Nachfolgerin von Trudeau, zu der Feststellung veranlasst, halte er an seinem Kurs fest, dann werde Ottawa »keine andere Wahl haben, als andere Freunde zu suchen, wo auch immer wir sie finden können«.
Ins Nachdenken geraten dürfte auch Indiens Regierung unter Premierminister Narendra Modi, der am Donnerstag zu Gesprächen unter anderem mit Trump und Elon Musk in der US-Hauptstadt eintraf. Indien wird nicht nur von den Zöllen auf Stahl getroffen, sondern vor allem von denen, mit denen Trump Länder belegen will, die Einfuhren aus den USA stärker verzollen als andersherum: Neu-Delhi schützt seine noch schwache Industrie bislang mit vergleichsweise hohen Abgaben. Dass die Zollpläne offiziell angekündigt wurden, während Modi sich in Washington aufhielt, war für ihn ein Schlag ins Gesicht. Seine USA-Reise war in Indien ohnehin schon kritisiert worden, nachdem Bilder von gefesselt aus den Vereinigten Staaten abgeschobenen Indern in den sozialen Medien die Runde gemacht hatten. Dieselbe Erfahrung haben viele Staaten Lateinamerikas gemacht.
Südafrika wiederum sieht sich einer Kürzung von US-Entwicklungsgeldern und womöglich weiteren Restriktionen ausgesetzt, weil es eine – höflich formuliert – vorsichtige Landreform realisiert. Dass Trump »Afrikaanern in Südafrika« – sie waren oft Apartheidbefürworter –, »die Opfer ungerechter Rassendiskriminierung sind«, Asyl in den USA anbietet, steigert die Sympathie für die Vereinigten Staaten auf dem afrikanischen Kontinent kaum.
Man kann mit derlei Taktiken sicherlich starken Druck auf Regierungen ausüben, zumal dann, wenn ihre Länder ökonomisch auf eine gewisse Kooperation mit den USA angewiesen sind. Langfristig aber stärkt man so, siehe etwa die Äußerung von Freeland, die Suche nach Alternativen. Vielleicht verpasst Trump der US-Dominanz gerade einen entscheidenden Schlag.
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