Dein roter Faden in wirren Zeiten
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Börse klüger als die Politik

Von Lucas Zeise
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Das kommt selten vor: Eine gute politische Nachricht wird vom Finanzmarkt bejubelt. So geschehen am vergangenen Donnerstag. Am Mittwoch um etwa halb acht abends hatte der US-Präsident Donald Trump auf seinem konzerneigenen Nachrichtenmedium »Truth Social« mitgeteilt, er habe gerade knapp 90 Minuten lang mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin geplaudert und sei sich mit ihm einig geworden, die Verhandlungen über einen Waffenstillstand im Ukraine-Krieg »sofort« zu beginnen. Die russische Regierung bestätigte diese Aussage kurze Zeit später. Vorausgegangen war am Mittwoch eine Konferenz der NATO in Brüssel, auf der Trumps Kriegsminister Pete Hegseth »düstere Vorahnungen« (so die ARD-Korrespondentin Helga Schmidt) der Verbündeten bestätigte: Die Rückkehr zu den ukrainischen Grenzen von vor 2014 und eine Aufnahme Kiews in die NATO seien »unrealistisch«.

An den europäischen Märkten lagen also zu Handelsbeginn diese politischen Nachrichten vor. Der Euro zog zur US-Währung leicht an – auf 1,043 Dollar. Die Aktienmärkte waren überall ausgesprochen fest. Der deutsche Aktienindex Dax legte weitere 2,1 Prozent auf ein erneutes »Rekordhoch« zu. Der französische CAC 40 gewann 1,5 Prozent. Titel von Unternehmen mit hohem Energieverbrauch – wie Lufthansa (plus 2,8 Prozent) und BASF – legten überdurchschnittlich zu. Die Aktie des größten westeuropäischen Gasproduzenten Equinor aus Norwegen gab dagegen spürbar nach. Der Gaspreis, der angesichts des relativ kalten Winters und der von der Ukraine geschlossenen Pipeline aus Russland im neuen Jahr auf ein kurzfristiges Hoch von 60 Euro/MWh gestiegen war, fiel binnen drei Tagen auf 49 Euro zurück. Die Aussicht auf dauerhaft wieder halbwegs preiswerte Energie in Europa »elektrisiert die Märkte«, sagten die Beobachter. In Europa könne nach einem Waffenstillstand wieder investiert werden.

In Russland wurde die Aussicht auf ein Ende des Krieges ebenfalls gefeiert. Der Rubel stieg am Donnerstag gegenüber dem Dollar um weitere fünf Prozent. Seit Jahresbeginn hat er sogar um 21 Prozent zugelegt und damit die Verluste der beiden Vormonate wieder wettgemacht. Der Moskauer Aktienmarkt gewann 2,8 Prozent. Eher komisch ist, dass auch die langlaufenden Staatsanleihen der Ukraine an diesem Tag (um drei Prozentpunkte auf 67 Prozent) gewannen. Die Aussichten, dass die dort investierten Sümmchen ohne weitere »Umstrukturierung« wieder zurückgezahlt werden können, scheinen sich mit der Aussicht auf ein Ende des Krieges nach Ansicht der Banker verbessert zu haben.

Es war vergnüglich mitanzusehen, wie sich westeuropäische Politiker, größere wie kleinere, bitter beklagten, dass »Europa« bei den Verhandlungen nicht einmal am Katzentisch sitzen werde. Was gut ist für die westeuropäischen Staaten, scheinen die Spekulanten aller Sorten dieses Mal besser zu wissen als die Staatsmänner und Staatsdamen der Region.

In ihrer Entschlossenheit, trotz des drohenden Friedens in der Ukraine bei der Aufrüstung ein paar hundert Milliarden zuzulegen, wurden sie jedoch von der Börse bestätigt. Die Aktie des größten deutschen reinen Rüstungskonzerns, Rheinmetall, sackte nur am Mittwoch zu Börsenschluss ab, um sich tags darauf mit plus sieben Prozent an die Spitze der Gewinneraktien im Dax zu setzen.

Unser Autor ist Finanzjournalist und Publizist. Er lebt in Aachen

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