Streiks und klamme Kassen
Von Klaus Fischer
Stillstand im öffentlichen Nahverkehr, Proteste von Beschäftigten in Stadtwerken oder anderen Versorgern. Und weiterhin kein Ende der Tarifauseinandersetzung in Sicht. Millionen Menschen kamen am Freitag nicht oder nur mit Mühe an ihre Arbeitsplätze. Umfangreiche Warnstreiks hatten erneut zu erheblichen Einschränkungen geführt. Betroffen waren unter anderem das Ruhrgebiet, Berlin sowie weitere Großstädte wie Köln und Hannover.
Nachdem am Dienstag die zweite Tarifrunde für zweieinhalb Millionen angestellte Beschäftigte von Bund und Kommunen ohne Ergebnis geblieben war, verschärft die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) die Gangart. »Die Arbeitgeber mauern komplett. Eine Verständigung ist derzeit nicht in Sicht«, kommentierte der Gewerkschaftsvorsitzende Frank Werneke die Lage.
Bus und Bahn im Depot
Zum Ausklang der Arbeitswoche hatte Verdi nach eigenen Angaben 50.000 Beschäftigte in Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Niedersachsen und Bremen zu ganztägigen Arbeitsniederlegungen mobilisiert. Demnach streikten beispielsweise in Baden-Württemberg Beschäftigte von sieben kommunalen Nahverkehrsunternehmen. In Nordrhein-Westfalen beteiligten sich Verdi zufolge Tausende Beschäftigte in mehr als 30 Unternehmen in Städten und Landkreisen an den Arbeitskampfaktionen. Und in der Bundeshauptstadt wurde bei den dortigen Verkehrsbetrieben (BVG) erneut gestreikt, nachdem bereits am Tag zuvor Beschäftigte die Arbeit niedergelegt hatten. Verdi hatte in Berlin zudem zu einer Kundgebung vor dem Roten Rathaus aufgerufen.
Doch es ging nicht nur um den Nahverkehr. An mehreren Orten protestierten an diesem »Branchenwarnstreiktag« auch Mitarbeiter kommunaler Betriebe, etwa der Stadtwerke oder anderer Versorger. »Die Beschäftigten in den Stadtwerken, den Wasserver- und Abwasserentsorgungsbetrieben sowie in der Müllverbrennung arbeiten seit Jahren am Limit. (…) Gleichzeitig leiden sie unter dem Druck durch Arbeitsverdichtung und unbesetzte Stellen«, wurde Verdi-Bundesvorstandsmitglied Christoph Schmitz-Dethlefsen auf der Website der Gewerkschaft zitiert.
»Historische Verschuldung«
Hauptproblem bei der Lösung dieses Tarifkonflikts ist die prekäre Kassenlage der öffentlichen Hand, vor allem bei vielen Kommunen. So plädierte die Präsidentin und Verhandlungsführerin der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA), Karin Welge, Ende Januar, für »Lösungen mit Augenmaß«. Die finanzielle Situation der Kommunen sei mehr als ernst, wurde sie auf kommunal.de zitiert. »Die historische Verschuldung von 160 Milliarden Euro setzt uns klare Grenzen«, betonte Welge, die in Gelsenkirchen Oberbürgermeisterin ist.
Nach dem Scheitern der zweiten Tarifrunde am 18. Februar hatten Verdi und der Deutsche Beamtenbund eine Ausweitung der Warnstreiks angekündigt. Die Gewerkschaften fordern acht Prozent, monatlich jedoch mindestens 350 Euro mehr Geld sowie zusätzlich drei freie Tage. Die dritte Runde der Tarifverhandlungen soll vom 14. bis zum 16. März in Potsdam stattfinden.
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Leserbrief von Peter Balluff aus Vöhl (23. Februar 2025 um 15:34 Uhr)»Des Kasperle Theaters 3. Akt.« Nachdem die Arbeitgeber des öffentlichen Dienst und ver.di noch vor der ersten Verhandlungsrunde in trauter Runde festgelegt hatten, wie das Ergebnis in der aktuellen Tarifrunde des öffentlichen Dienst aussehen soll, darf ver.di jetzt absprachegemäß bis zum 14. März etwas »Warnstreiken«. Mit diesen »Aktiönschen« sollen neue Mitglieder gewonnen werden. Allein das Attentat auf eine Kundgebung von ver.di in München lässt größere Aktionen nicht zu. Wäre es ver.di mit einem tragfähigen Tarifabschluss ernst, so wäre jetzt die Zeit für Urabstimmungen und unbefristete Streiks gekommen. »Nix da« sagen Frank Werneke und Nancy Faeser im Gleichklang. Die Beschäftigten dürfen etwas »rumkaspern«, jede(r) darf mal 8 Überstunden einsetzen, um vor seiner »Bude« zu stehen, schön über die Fläche der Republik verteilt und nie Kita, Nahverkehr und Müllentsorgung gleichzeitig, das würde ja zur Störung der öffentlichen Abläufe führen und am Ende wird ver.di sagen: »trotz unseres aufopferungsvollen Kampfs war nicht mehr drin.« Ach so, das Ergebnis am 16. März: 6,5 Prozent bei 33 Monaten Laufzeit und zusätzlich ein freier Tag. Ist ein Nettolohnverlust, aber wer will das schon so eng sehen.
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