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Aus: Ausgabe vom 22.02.2025, Seite 7 / Ausland
Österreich

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Österreich: Nach Scheitern der Koalitionsgespräche zwischen FPÖ und ÖVP verhandelt diese wieder mit SPÖ und Neos
Von Dieter Reinisch, Wien
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SPÖ-Chef Andreas Babler könnte nun doch noch Vizekanzler werden (Wien, 13.2.2025)

Fünf Monate hat es gedauert, und nun ist man wieder dort, wo man bereits vor einigen Wochen schon einmal war: Österreich dürfte doch eine Dreierkoalition aus der konservativen ÖVP, der sozialdemokratischen SPÖ und den liberalen Neos bekommen, wie der ORF am Freitag in seinem »Morgenjournal« berichtete. Zur Erinnerung: Bei den Nationalratswahlen Ende September war die rechte FPÖ stärkste Partei geworden, die ÖVP verlor stark, die SPÖ stagnierte. Konservative und Sozialdemokraten haben daher nur einen Sitz Überhang im Parlament, doch Verhandlungen über eine Dreierkoalition mit den Neos scheiterten Anfang Januar. Mit ihrem bisherigen »grünen« Koalitionspartner will die ÖVP nicht weiterregieren. So kam es dann zu Koalitionsverhandlungen mit der FPÖ, bei deren Erfolg die Rechten den Kanzler gestellt hätten. Doch auch diese scheiterten Anfang Februar.

Nun verkündeten ÖVP und SPÖ überraschend rasch, dass sie sich auf den Budgetfahrplan geeinigt hätten, um ein mögliches EU-Defizitverfahren und damit die Zahlungsunfähigkeit Österreichs abzuwenden. Lange wurde spekuliert, wie eine ÖVP-SPÖ-Regierung ihre knappe Mehrheit im Nationalrat absichern könnte. Am Freitag wurde bekannt, dass es bereits seit Mittwoch abend formelle Gespräche mit den Neos gibt. Am selben Tag kündigten diese an, in neuerliche Regierungsgespräche einzutreten.

Bereits davor hatten sich die beiden Großparteien auf ein drastisches Sparpaket geeinigt: In diesem Jahr sollen 6,4 Milliarden Euro, im nächsten 8,4 Milliarden Euro eingespart werden. Dabei orientieren sich die beiden Parteien an dem im Januar von FPÖ und ÖVP ausgearbeiteten Haushaltsentwurf. Neben umfassenden Kürzungen soll es zusätzliche Einnahmen durch Bankenabgabe, Übergewinnsteuer, Unternehmensabgabe und höhere Besteuerung von Grundstücksverkäufen und Privatstiftungen im Umfang von 1,3 Milliarden Euro geben. Bei den Renten soll gekürzt werden, eine starke Einschränkung von Fördergeldern bleibt auf dem Tableau, ebenso eine geringere Unterstützung von Weiterbildungen. Auch der Klimabonus zum Ausgleich von Kostensteigerungen durch CO2-Abgaben soll gestrichen werden.

Im Ringen um die Ministeriumsverteilung will die ÖVP das Innenressort behalten, dafür könnte die SPÖ das mächtige Finanzministerium übernehmen, ist aus Medienberichten zu entnehmen. Gesichert soll sein, dass die Ressorts Frauen, Arbeit, Soziales und Gesundheit an die Sozialdemokratie gehen. Der mögliche zukünftige Vizekanzler und SPÖ-Chef Andreas Babler soll, ähnlich wie bisher der »grüne« Vizekanzler Werner Kogler, die Bereiche »Beamte und Sport« bekommen.

Sicher ist die Dreierkoalition aber noch nicht: Die Neos müssen über das Koalitionsabkommen eine Mitgliederbefragung durchführen, die frühestens Anfang März durchgeführt werden könnte. Dabei braucht die Regierungsbeteiligung eine Zweidrittelmehrheit. Um diese zu garantieren, sollen den Neos zwei Bonbons gereicht werden: Bildungs- und Außenministerium. Dass den Liberalen das Außenministerium zugeschoben werden soll, würde ein weiteres Aufweichen der österreichischen Neutralität bedeuten, denn die Neos fordern seit langem ein Ende der Bündnisfreiheit Österreichs. Ausgerechnet zum 70. Jahrestag der Unterzeichnung des Staatsvertrags, der die immerwährende Neutralität garantieren sollte, könnte also eine Partei den Außenminister stellen, die den Beitritt des Landes in eine EU-Armee oder die NATO fordert.

Lehnen die Parteimitglieder der Neos jedoch eine Teilnahme an der Regierung ab oder wird die nötige Zweidrittelmehrheit nicht erreicht, dann dürfte es eine Zweierkoalition aus ÖVP und SPÖ unter Duldung der Grünen geben. Deren Parteichef Kogler gab sich in der Nachrichtensendung »ZIB 2« am Mittwoch gesprächsbereit und unterstrich, »keinen Misstrauensantrag gegen eine ÖVP-SPÖ-Regierung« zu unterstützen, um nicht der FPÖ den Erfolg von Neuwahlen zu bereiten.

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