Hand in Hand
Von Annuschka Eckhardt
Wie im Großen, so im Kleinen – Gelaber um die »Brandmauer«: Im Landkreis Rostock hat die CDU mit der AfD paktiert, um eine Unterkunft für Geflüchtete zu verhindern. In einer ehemaligen Coca-Cola-Fabrik im Örtchen Ziesendorf soll eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylsuchende eingerichtet werden. Keine besonders gelungene Standortwahl – der nächste Discounter ist rund eineinhalb Stunden Fußmarsch entfernt.
Doch darum geht es den Christdemokraten nicht: Die CDU-Fraktion beantragte genau wie die gemeinsame Fraktion von AfD und Bündnis Deutschland (BD) das Aussetzen der Pläne zur geplanten Flüchtlingsunterkunft in Ziesendorf. AfD und BD zogen ihren Antrag zurück, um sich dem CDU-Vorstoß anzuschließen, wie der Nordkurier am Montag berichtete. Mit großer Mehrheit wurde so das Aus der Planung der Unterkunft im ehemaligen Coca-Cola-Werk beschlossen.
In ihrer Kreistagssitzung am vergangenen Mittwoch hatte die CDU den Landtag aufgefordert, »sich bei der Landesregierung für eine grundlegende Veränderung in der Migrationspolitik einzusetzen«, wie der Website zu entnehmen ist. Eine weitere Überlastung der Kommunen durch die Zuweisung von Asylsuchenden, ohne die zugesagte Schaffung ausreichender Kapazitäten in den Erstaufnahmeeinrichtungen, sei »nicht länger hinnehmbar und von der kommunalen Ebene nicht mehr zu bewältigen«. Des weiteren werde der Landrat aufgefordert, die Planungen für eine Gemeinschaftsunterkunft in der Gemeinde Ziesendorf auszusetzen. Statt dessen sollten alternative Unterbringungsmöglichkeiten geprüft werden, die »angemessener sind und die Aufnahmefähigkeit der örtlichen Bevölkerung weniger belasten«. Dabei sollte insbesondere auch die Möglichkeit einer dezentralen Unterbringung in Betracht gezogen werden, so die CDU.
Doch so einfach ist es nicht: Aus kommunalrechtlicher Sicht ist eine Aussetzung der Planung vermutlich nicht möglich, denn die Kommunen sollen im übertragenen Wirkungskreis des Landes handeln. Üblicherweise können sie solche Dinge nicht beschließen, es sei denn, es geht um ihre eigenen Grundstücke, dann kann auch der Kreistag entscheiden. Die Kreisverwaltung hat bereits eine Prüfung auf Widerspruch eingeleitet.
Die Zusammenarbeit von CDU und AfD auf Kreisebene sei in ihrem Bundesland kein Einzelfall, bestätigt Ulrike Seemann-Katz, Vorsitzende des Flüchtlingsrats Mecklenburg-Vorpommern, am Montag im junge Welt-Gespräch. »Die vielbeschworene ›Brandmauer‹ ist schon seit der letzten Kommunalwahl gefallen in ganz vielen kommunalen Parlamenten, auch in der Landeshauptstadt Schwerin. Es wurde gemeinsam mit der AfD gestimmt und so immer wieder versucht, Flüchtlingsunterbringung zu verhindern«, so Seemann-Katz. Zweifelsohne sei die Unterbringung in einer ehemaligen Coca-Cola-Fabrik schwierig. »Viele Geflüchtete so in den ländlichen Raum zu schaffen, das ist nicht wirklich integrativ.« Zusätzlich verunsicherten diese Debatten Asylsuchende, sofern diese sie mitbekämen. Das schüre Ängste.
»Landesweit wird unsere Arbeit sehr erschwert, weil niemand mehr darüber diskutiert, wie Geflüchtete untergebracht werden sollen, sondern es nur noch darum geht, ob sie überhaupt untergebracht werden«, kritisiert die Vorsitzende. Dabei seien die gesetzlichen Grundlagen andere. Es müsste überlegt werden, wo man die Geflüchteten unterbringe. »Wie können wir dafür sorgen, dass Asylsuchende sich hier wohlfühlen und wir nicht nachher lauter durch Kürzungen verelendete Menschen hier haben?« sorgt sich Seemann-Katz.
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