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Aus: Ausgabe vom 28.02.2025, Seite 4 / Inland
»Lagebericht Antisemitismus«

Hochschulen zum Tatort erklärt

Neuer »Lagebericht Antisemitismus« glänzt mit stilisierten Fakten und herben Forderungen
Von Max Grigutsch
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Studierende werden bei einer Besetzung der HU Berlin von der Polizei aus dem »Jabalia-Institut« geräumt (23.5.2024)

Wissenschaft geht anders. Am Donnerstag haben der Verein »American Jewish Committee (AJC) Berlin« und die Jüdische Studierendenunion Deutschland (JSUD) einen »Lagebericht Antisemitismus an deutschen Hochschulen« veröffentlicht. Sie beanstanden darin den »traurigen Status quo an vielen deutschen Hochschulen«, besonders seit dem 7. Oktober 2023. In Konsequenz appellieren sie an Unis und Politik, repressive Maßnahmen zu ergreifen.

Das vermeintliche Lagebild am »Tatort Hochschule«: »Hörsaalbesetzungen unter Intifada-Rufen«, »offene Hamas-Apologetik und Beleidigungen«, »Einschüchterungsversuche und tätliche Angriffe«. Das führe bei vielen Studierenden zu Angst, schreibt Remko Leemhuis, Direktor des AJC. Hanna Veiler, Präsidentin der JSUD, belegt die Vorwürfe mit Anekdoten. So werde in »Unichatgruppen die Vergewaltigung jüdischer Frauen« gerechtfertigt, »antisemitische Schmierereien« seien allgegenwärtig.

Ein Hauptaugenmerk ist die studentische Linke, die sich über Antisemitismus mit den Rechten vereine. Protestcamps und Hörsaalbesetzungen, etwa von »linken und teilweise islamistischen« Gruppen wie Young Struggle oder Students for Palestine, seien demnach als »studentischer Aktivismus für den Terror« zu verstehen. Tatsächliche Beweggründe der zahlreichen Protestbewegungen an den Unis werden verschwiegen. So finden Worte wie »Gaza« oder »Waffenlieferung« im Bericht keine Erwähnung.

Die Quellen sind im Gegensatz zu den Erfahrungsberichten der Autoren eher spärlich. Als statistische Referenz ist der Jahresbericht der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) angeführt, der einen drastischen Anstieg antisemitischer Vorfälle im Jahr 2023 dokumentieren will. Wieland Hoban, Vorsitzender des Vereins »Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost«, kommentierte am Donnerstag gegenüber junge Welt, dass derartige Zahlen, »die von nachweislich proisraelischen Organisationen veröffentlicht werden« entsprechend verstanden werden sollten. RIAS zähle »einen ›Boycott Israel‹-Sticker schon als antisemitischen Vorfall«. So ließe sich »nahezu jeder Hinweis auf israelische Verbrechen als Antisemitismus darstellen«.

Trotz der wackeligen Beweislage ist die dem Bericht zugrunde liegende Gleichsetzung von Israel-Kritik und Antisemitismus Anlass genug, um drakonische Forderungen aufzustellen. Verlangt wird unter anderem die Unterbindung von vermeintlich antisemitischem Protest an Unis. Die Präsidien sollten konsequent vom Hausrecht Gebrauch machen, auch mit Hilfe der Polizei. Es solle zudem untersucht werden, »wer die antiisraelischen Proteste an den Hochschulen finanziert, um sicherzustellen, dass kein ausländischer Staat diese unterstützt«. Mit im Iran ansässigen Unis sei jegliche Kooperation zu beenden, heißt es.

Dass durch diese Maßnahmen auch kritische jüdische Stimmen der Gewalt deutscher Behörden ausgesetzt würden, wird im Bericht des AJC beiläufig abgetan. Jüdische Stimmen wären immer wieder dazu verwendet worden, »spezifische nichtjüdische Positionen zu rechtfertigen«. Dazu erklärt Hoban gegenüber jW, es sei eine gängige Vorgehensweise, »gegenteilige Meinungen unter Juden als ›nichtjüdische Positionen‹ zu delegitimieren und proisraelische Studierende als ›unsicher‹ darzustellen, während Palästina-Aktivisten – auch jüdische – staatlicher Repression und Polizeigewalt ausgesetzt sind«.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Torsten Andreas S. aus Berlin (28. Februar 2025 um 13:01 Uhr)
    OH! Lieber Max Grigutsch! Allein diesen Beitrag zu schreiben, macht Dich/Sie verdächtig. Dann gelangte der auch in die Hände von Leuten, denen aus offensichtlichen Gründen daran lag, dass er Hunderttausende allein heute erreichte. Die sich mit dem Lesen wiederum verdächtig machen, aber auch, wenn sie mit anderen darüber nur reden … Jedenfalls bin ich nach diesem Text sofort rüber in unsern Balkongsalong. In den Bücherregalen rechts der Türe stehen auf Schulterhöhe so Machwerke von Herzl, Meir, Pappe, Segev, Zimmermann, Zuckermann, Verleger, die LTI usw. Hab ich die Rücken nach hinten gedreht (Vorsichtshalber auch diese beiden Novellen von Herzl, weil Randglossen vorkommen.). Bei MEW haben was zu tun, Max? Unsere jüngste Tochter hat sich in dieser Woche drei Bücher von Dostojewski (2) und Tolstoi schicken lassen. Uns gilt nun das Schicksal der Putinfluenzer!

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