Gegründet 1947 Montag, 3. März 2025, Nr. 52
Die junge Welt wird von 3005 GenossInnen herausgegeben
Aus: Ausgabe vom 03.03.2025, Seite 1 / Inland
Rüstungskeynesianismus

Ein Sondervermögen ist nicht genug

Union und SPD bringen Kredite von jeweils 400 Milliarden Euro für Rüstung und Infrastruktur ins Spiel
Von Daniel Bratanovic
fshrd.JPG

Es hatte sich schon länger abgezeichnet, jetzt werden Konturen sichtbar. Zwecks Kriegsertüchtigung geht die Bundesrepublik in die vollen und beabsichtigt, Aufrüstungskredite in bisher ungekanntem Umfang aufzunehmen. Wie die Nachrichtenagentur Reuters am Sonntag unter Berufung auf Verhandlungskreise meldete, wollen die voraussichtlichen Koalitionspartner Union und SPD prüfen, kurzfristig zwei mehrere hundert Milliarden schwere Sondervermögen für Rüstung und Infrastruktur einzurichten. Erreichen wollen sie das, wie es hieß, mit einer erforderlichen Zweidrittelmehrheit noch des alten Bundestags, da nach der Zusammensetzung des neuen Parlaments AfD und Linke zusammen über eine Sperrminorität verfügen. Sondervermögen werden Kreditlinien außerhalb des normalen Bundeshaushalts und außerhalb der Regeln der sogenannten Schuldenbremse genannt.

Grundlage der Beratungen seien ein Vortrag von Finanzminister Jörg Kukies über die Haushaltslage sowie gemeinsame Vorschläge von vier Ökonomen gewesen. Nach deren Auffassung sei das Sondervermögen Bundeswehr in einer Größenordnung von 400 Milliarden Euro aufzustocken, »auch um ein Signal an den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu senden«. Für die Infrastruktur empfehlen die Ökonomen Clemens Fuest (Präsident des Ifo-Instituts), Michael Hüther (Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft), Moritz Schularick (Präsident des Kieler IfW) und der Düsseldorfer Volkswirt Jens Südekum die Bereitstellung von 400 Milliarden bis 500 Milliarden Euro für Bund und Länder.

Derweil hatte Markus Söder von der CSU kurz zuvor seine Wunschliste in Sachen Kriegsgerät präsentiert: »Die Bundeswehr braucht eine Vollausstattung. Dazu gehören eine Drohnenarmee mit 100.000 Drohnen, 800 neue Panzer sowie 2.000 Patriots und 1.000 Taurus nur für Deutschland als ein Schutzschild in der Art des ›Iron Dome‹«, sagte Bayerns Ministerpräsident im Interview mit der Welt am Sonntag. Damit nicht genug, nannte er den Vorschlag von CDU-Chef Friedrich Merz, einen nuklearen europäischen Schutzschirm aufzubauen, »sehr überzeugend«. Aus Überzeugung in den Abgrund.

links & bündig gegen rechte Bünde

Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.

  • Leserbrief von Edelbert Hackenberg aus Ourique/Portugal (3. März 2025 um 14:01 Uhr)
    Wann werden endlich Staatsanleihen für Rüstung aufgelegt und/ oder eine Initiative wie vor dem Ersten Weltkrieg ausgerufen: »Gold gab ich für Eisen«? Dann könnten die Profiteure der Rüstungswirtschaft und die sie unterstützenden Politiker endlich mal ihren Patriotismus beweisen, indem sie kräftig Anleihen kaufen und/oder ihr gehamstertes Gold dem Staat zur Verfügung stellen. Diese wahnsinnigen ungesetzlichen Staatsschulden mit dem niedlichen hochstaplerischen Namen »Sondervermögen« gehören sofort beendet und die dafür verantwortlichen Politiker in den Knast. Könnte da nicht schon von den düpierten Bürgern der Widerstandsparagraph aus dem Grundgesetz in Anspruch genommen werden – ob der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages das auch so sieht (aus welchen Personen besteht dieser Dienst eigentlich, wer stellt die ein und, und, und?) Im Vergleich der aktuellen BRD mit der Ex-DDR war die Dahingeschiedene geradezu ein Musterbeispiel für Transparenz.

Dieser Artikel gehört zu folgenden Dossiers:

Mehr aus: Inland