Agitation im Angstraum
Von Marc Bebenroth
Mehrere Demonstrationen umstellten den Gürzenich. Die Polizei war mit einem Großaufgebot im Einsatz und mindestens ein Wasserwerfer in Bereitschaft. In Köln haben sich am Mittwoch Abgeordnete mehrerer AfD-Fraktionen eingefunden, um im Zentrum der Altstadt ihre »Konservative Metropolenkonferenz« (»Metrokon«) abzuhalten.
An den Protesten rund um die Veranstaltungshalle beteiligten sich mehrere hundert AfD-Gegner. Zu Mahnwachen an drei Punkten im direkten Umfeld des Gebäudes hatten zuvor die »Omas gegen rechts«, die Grüne Jugend Köln und das Bündnis »Köln stellt sich quer« aufgerufen. Unterstützt wurde der Aufruf auch vom lokalen Ableger der Klimaprotestgruppe »Fridays for Future«, der Initiative »AfD-Verbot jetzt« und dem Bündnis »Köln gegen rechts«.
Betreiber der historischen Halle ist die Kölncongress GmbH. Diese ist vollständig im Eigentum der Stadt Köln, wie die Rheinische Post am Dienstag online berichtete. »Köln stellt sich quer« hatte die Stadtverwaltung demnach aufgefordert, sich »mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln« gegen die Nutzung durch die AfD einzusetzen. Die Firma verwies dem Bericht zufolge auf den Gleichbehandlungsgrundsatz im Parteiengesetz.
Während draußen Menschen gegen die Partei auf die Straße gingen – auf Schildern waren Parolen zu lesen wie »Kein Kölsch für Nazis« oder »AfD macht mir Angst« –, startete drinnen am Nachmittag das Programm der diesjährigen »Metrokon«. Das offizielle Thema: »Sicherheitsgefühl der Menschen in Millionenstädten«, wie es auf der Internetseite zur Veranstaltung heißt. Auf die Frage, weshalb man die zweite »Metrokon« in der Domstadt abhält, antwortete der AfD-Politiker Philipp Busch, Fraktionsmitglied im Kölner Stadtrat, dem in rechten Kreisen wohlgelittenen Reporter vom Youtube-Kanal »Weichreite TV«, dass die Kölner AfD turnusgemäß an der Reihe sei. 2024 sollte es ihm zufolge eine Konferenz geben, die die Hamburger Bürgerschaftsfraktion aber nicht ausrichten konnte. Erstmals hatte die Konferenz 2023 in Berlin stattgefunden.
In einer Mitteilung vom 18. Februar hatte Busch von der »Verwahrlosung unserer Stadt« gesprochen und das »sinkende Sicherheitsgefühl der Bürger« angeführt. »Die AfD kann auch Großstadtpartei sein«, ergänzte der Kölner Fraktionschef Stephan Boyens in der Mitteilung. Bei der Bundestagswahl am 23. Februar hatte die AfD in zwei von drei Kölner Wahlkreisen um die elf bzw. zwölf Prozent der Zweitstimmen holen können. Im Wahlkreis Köln II reichte es für 6,3 Prozent.
Zur Einstimmung traten mit etwas Verzögerung Mitglieder der AfD-Stadtfraktion auf die Bühne und präsentierten ihre diesjährige Karnevalskostümierung: rote Baseballmützen, auf denen der Wahlspruch des faschistoiden US-Präsidenten Donald Trump (»Make America Great Again«) prangt. Inhaltlich standen die Referate im Zeichen der Demagogie der AfD gegen unerwünschte Ausländer, »Fremde« und der – von der Partei und ihrem Netzwerk geschürten – Ressentiments in der Bevölkerung. Vor diesem Hintergrund muss auch das Bild der Großstadt als »Angstraum« verstanden werden, das ein Redner zeichnete. Die Probleme, die der Staat auch auf kommunaler Ebene »in den Griff« kriegen müsse: Messerangriffe, Vergewaltigungen, »Clankriminalität«.
Von Armut, Wohnungskrise, Verdrängung und Mietwucher keine Rede. So hatten die AfD-Vertreter auch am Mittwoch in Köln nur die altbekannten »Antworten« parat. Die Rechtsaußenpartei wird demnach auch bei den Versuchen, Anhänger in Großstädten zu gewinnen, auf eine Karte setzen: die repressive Ordnungsmacht.
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