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Aus: Ausgabe vom 06.03.2025, Seite 8 / Inland
Kommunistischer Widerstand

»Der Arbeiterwiderstand war größer als der christliche«

Bayern: Denkmal für Widerstandsgruppe um Kommunist Haxpointner wird in Burghausen eingeweiht. Ein Gespräch mit Max Brym
Interview: Marc Bebenroth
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Am 9. März 1933 von den Nazis verhaftet, konnte Alois Haxpointner erst im April 1945 bei einem Todesmarsch fliehen (undatierte Aufnahme)

Ihre Initiative ringt seit Jahren darum, dass im oberbayerischen Burghausen ein Denkmal für die antifaschistischen Widerstandskämpfer um den Kommunisten Alois Haxpointner errichtet wird. Am 11. März soll ein großes Denkmal eingeweiht werden. Wie kam es zu dieser Wendung in der Auseinandersetzung mit der Stadt?

Die Auseinandersetzung geht seit etwas über zwei Jahren. Die Wendung kam dadurch zustande, dass sich die beiden Hauptredner bei den DGB-Kundgebungen die letzten beiden Male für dieses Mahnmal ausgesprochen haben, und dadurch, dass Altbürgermeister Hans Steinle, der 30 Jahre lang im Amt war, sich vor weit über einem Jahr auf unsere Seite geschlagen hatte. So wurde der Druck auf den jetzigen Bürgermeister (Florian Schneider, SPD, jW) ein bisschen groß. Schließlich hat er seine Meinung korrigiert, ursprünglich wollte er etwas ganz anderes.

Es brauchte also nur noch Unterstützung durch die Gewerkschaften?

Die der Gewerkschaften und die von sehr vielen Jugendlichen vor Ort. Das sollte man auch betonen. Es brauchte auch einen Riss in der SPD.

Die Befürworter eines würdigen Gedenkortes forderten zuletzt eine Stele mit den Namen aller Angehörigen jener Widerstandsgruppe, die bis ins Frühjahr 1933 noch den Nazis Paroli geboten hatte. Entspricht das große Denkmal, das im Botanischen Garten stehen soll, Ihren Vorstellungen?

Dieser zentrale Standort entspricht unseren Vorstellungen. Auch die Namensnennung von mehreren antifaschistischen Widerstandskämpfern, Lebensdaten, Parteizugehörigkeit – KPD, SPD, wobei es hauptsächlich KPD war –, ist sogar jetzt größer als ursprünglich von uns vorgeschlagen. Es soll eine Wand aufgestellt werden mit den Bildern der Widerstandskämpfer. Im Endeffekt ging Bürgermeister Schneider sogar weiter als das, was wir gefordert haben.

Von welchen Dimensionen sprechen wir da?

Da sprechen wir von einer weit gezogenen Metalltafel mit Bildern und Daten, die ungefähr zehn Meter umfassen soll. An der Gestaltung waren Familienangehörige der Geehrten beteiligt. Zum Teil deren Kinder, aber eher Enkel und Urenkel. Das ging vom örtlichen Stadtarchiv aus, deren Mitarbeiter das Denkmal im wesentlichen gestaltet haben, das Denkmal den Forschungsstand abbildet.

In Burghausen gab es sehr viel antifaschistischen Widerstand. Da waren die Arbeiter des bis heute bestehenden Wacker-Chemiewerks. Dort hat eine Widerstandsgruppe in der Illegalität gearbeitet und sogar noch im Jahr 1938 überlegt, bei Kriegsgefahr und vor dem Münchner Abkommen Teile der Wacker-Chemie in die Luft zu sprengen. Die Gruppe wurde dann aber aufgedeckt.

Wie haben diejenigen im Ort auf die Ankündigung des neuen Denkmals reagiert, die in der Vergangenheit als Bedenkenträger oder vielleicht sogar Gegner von Haxpointner und dessen Mitkämpfer auftraten?

Es gibt in Burghausen einen Uralthistoriker, der war mal CSU-Stadtrat. Er ist gegen dieses Denkmal, weil er mit dem Alois Haxpointner in den 50er Jahren diverse Konflikte hatte. Er hat gemeint, einem Kommunisten könne man nicht gedenken. Aber nachdem auch ein paar Sozialdemokraten in der Widerstandsgruppe dabei waren und geehrt werden sollten, wurden solche Einwände ignoriert. Im Stadtrat hat sich die CSU der Stimme enthalten. Die AfD war dagegen, das ist klar. Die SPD und die Grünen haben sich für dieses Mahnmal ausgesprochen.

Was bedeutet diese Ehrung des Arbeiterwiderstands für die antifaschistische Gedenkkultur vor Ort und in der Region?

Das bedeutet relativ viel. Es gibt zwar Erinnerungsorte an ermordete Juden. Allein das hat um die 30, 40, 50 Jahre gedauert. In Burghausen wurde einer jüdischen Familie gedacht, aber nicht dem Arbeiterwiderstand. Dieser war viel, viel größer als Widerstand von irgendwelchen christlich geprägten Leuten. Die haben dann eher die Schnauze gehalten. Für heute bedeutet das, dass man sogar das Gedenken an kommunistische Widerstandskämpfer durchsetzen kann. Das gibt auch Kraft im Kampf gegen die AfD, die in der Region ziemlich stark ist.

Max Brym ist Buchautor und Sprecher der »Initiative für ein würdevolles Gedenken an die Antifaschisten aus Burghausen«

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