Attentäter mit Verbindungen
Von Max Grigutsch
Der Tatverdächtige des Pkw-Attentats in Mannheim soll Verbindungen in die neonazistische Szene gehabt haben. Das geht aus einem am Dienstag veröffentlichten Bericht der antifaschistischen Rechercheplattform »Exif« hervor. Demnach sei der Verdächtige Alexander S. Mitglied einer Reichsbürgergruppe namens »Ring Bund« gewesen. Einem Nachtrag von Mittwoch zufolge habe S. 2018 außerdem an einem von der NPD mitorganisierten Aufmarsch der rechten Gruppe »Wir für Deutschland« teilgenommen.
Der mutmaßliche Attentäter war am Montag mit einem Auto in eine Menschengruppe in der Mannheimer Innenstadt gefahren. Dabei hatte er nach aktuellen Informationen zwei Menschen getötet und elf weitere teils schwer verletzt. Gegen S., der derzeit in Untersuchungshaft sitzt, wird wegen Mordes in zwei Fällen, versuchten Mordes in fünf Fällen jeweils in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und Körperverletzung in elf Fällen ermittelt. Nach Hinweisen auf psychische Vorerkrankungen hat die Staatsanwaltschaft ein politisches Motiv bereits am Montag ausgeschlossen. »Exif« nennt den Ausschluss einer politischen Tatmotivation zum jetzigen Zeitpunkt »fatal«.
Nach Angaben von »Exif« sei der Tatverdächtige »mindestens bis ins Jahr 2018 ideologisch gefestigt gewesen«. S. sei zu diesem Zeitpunkt auf einer Personenliste vermerkt, der Gruppe »Ring Bund« zugeordnet und als persönlich bekannt aufgeführt gewesen. Auch seine »Fähigkeiten« sollen aufgezählt worden sein, etwa dass S. Boxer sei und eine Bolzenschusserlaubnis für Schlachtvieh gehabt habe. Die Liste sei von einem Neonazi verfasst worden, der in Zusammenhang mit der Gründung der Gruppe »Ring Bund« stehe, wie aus Ermittlungen im Kontext eines rechten Waffenhandelsrings hervorgegangen sei. Zudem sollen Fotos S. in eine Deutschland-Flagge gehüllt auf einer Berliner Neonazidemonstration im Oktober 2018 zeigen. Die Aufnahmen zeigen einen lächelnden S., ein »schwarz-rot-goldenes« Flaggenmeer und ein Transparent mit der Aufschrift »Wir sind das Volk«.
Wie tief involviert Alexander S. »in der Gruppierung war oder auch wie lange er Mitglied war, ist derzeit nicht bekannt«, so »Exif«. Dennoch müsse eine solche Gesinnung ungeachtet einer psychischen Erkrankung untersucht werden. Außerdem ist der Tatverdächtige mehrfach vorbestraft, etwa wegen eines Kommentars unter einem als »rechtsextrem« eingestuften Bild auf der Social-Media-Plattform Facebook. Zudem hatte er vor über zehn Jahren eine kurze Freiheitsstrafe wegen Körperverletzung verbüßt. Auf Anfrage der Tageszeitung Taz bei der Polizei Mannheim und beim Landeskriminalamt würden Hinweise auf Verbindungen in die faschistische Szene im Rahmen der laufenden Ermittlungen auf Relevanz geprüft, schrieb das Blatt am Mittwoch. Laut dpa-Meldung von Dienstag wurden bei der Durchsuchung der Wohnung des Verdächtigen keine derartigen Hinweise gefunden.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bedankte sich am Montag abend bei der Polizei, obwohl diese den Pkw-Angriff nicht verhindert hatte. Aufgehalten wurde S. letztendlich von einem Taxifahrer, der dem Flüchtigen hinterhergefahren und sein Fahrzeug blockiert hatte. Dafür dankte ihm am Dienstag abend der Mannheimer Bürgermeister Christian Specht (CDU) im Rahmen eines ökumenischen Gottesdiensts zum Gedenken an die Opfer. Volker Beck, Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, sieht indessen offenbar eine Verbindung zwischen der Attacke und dem palästinensischen Befreiungskampf. »Langsam erfährt Deutschland, was ›Yallah Intifada‹ wirklich bedeutet«, postete der Ex-Grünen-Abgeordnete am Montag auf X nach den ersten Meldungen über die Tat in Mannheim.
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