Hände hoch!

Das Bohei um Anselm Kiefer könnte kaum größer sein. Anlässlich des Malers und Bildhauers Achtzigstem haben sich die Amsterdamer Museen Van Gogh und Stedelijk zusammengetan, um eine gemeinsame Retrospektive zu kuratieren: »Anselm Kiefer: Sag mir wo die Blumen sind« (nur echt mit fehlendem Komma) ist seit Freitag zu sehen. Im Van-Gogh-Museum werden 25 Werke von Kiefer neben einige der bekanntesten Gemälde Vincent van Goghs gestellt, denn Kiefer hat sich immer wieder auf den niederländischen Maler bezogen, besonders auf dessen Sonnenblumenbilder. Im Stedelijk Museum sind neben Werken aus den 80er Jahren eigens für die Schau geschaffene Arbeiten zu sehen – darunter das Titelwerk. Mit Uniformen, getrockneten Rosenblättern und Gold inszeniert es den Kreislauf von Leben und Tod. 24 Meter misst die Installation um das historische Treppenhaus herum. Monumental, auch wenn Kiefer mit dem Begriff Probleme hat, wie er mal dem Deutschlandfunk sagte: »Es gibt eigentlich gar nichts Monumentales – im Verhältnis zum Kosmos.«
Am 8. März 1945 in Donaueschingen im Südwesten Baden-Württembergs als Sohn eines Wehrmachtsoffiziers und einer Hausfrau geboren, wuchs Kiefer in Rastatt auf und studierte in Freiburg. Seine künstlerische Ausbildung setzte er später in Karlsruhe fort. Die frühe Erfahrung der Zerstörung prägt das Werk: Seine Bilder sind oft menschenleer, seine Landschaften verbrannt, seine Materialien schwer. Kiefers Bildsprache ist unverkennbar – graue, mit Asche und Stroh bedeckte skulpturale Landschaftsbilder, in Gips gehüllte Sonnenblumen, riesige Bleibücher und gigantische Leinwände, die wie Ruinen vergangener Zivilisationen wirken. Er arbeitet mit Materialien wie Blei, Asche, verbrannten Sonnenblumen, Erde und verkohltem Stroh, alles hochsymbolisch, versteht sich.
Seit den späten 1960er Jahren setzte sich Kiefer mit der deutschen Geschichte auseinander, seine 1970 entstandenen »Heroischen Sinnbilder« – Selbstporträts mit Hitlergruß – sorgten für Kontroversen, vor allem in Deutschland. Seit 1992 lebt Kiefer in Frankreich. Mit Staatschef Emmanuel Macron ist er befreundet, dieser erteilte ihm 2020 den Auftrag, mehrere Werke für das Panthéon zu entwerfen. Offene Fragen hat er im vorgerückten Alter kaum noch: »Vielleicht meinen Tod, als Schon-da-Seiend«, erklärte er der dpa. (dpa/jW)
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