Dein roter Faden in wirren Zeiten
Gegründet 1947 Montag, 10. März 2025, Nr. 58
Die junge Welt wird von 3005 GenossInnen herausgegeben
Dein roter Faden in wirren Zeiten Dein roter Faden in wirren Zeiten
Dein roter Faden in wirren Zeiten
Aus: Ausgabe vom 10.03.2025, Seite 5 / Inland
Arbeitskampf

Stillstand an Airports

Tarifrunde: Verdi organisiert bundesweit ganztägigen Warnstreik an großen Flughäfen. Branchenvertreter fordern Zwangsschlichtung
Von Gudrun Giese
5.jpeg
Bleiben am Boden: Vehikel für luftige Höhen (Frankfurt am Main, 2.3.2025)

Im Rahmen der Tarifrunde öffentlicher Dienst ruft die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi am heutigen Montag die Beschäftigten der Bodenverkehrsdienstleister an allen großen Flughäfen in der Bundesrepublik zum ganztägigen Warnstreik auf.

Verdi sehe sich zum Arbeitskampf gezwungen, »da die Arbeitgeber in den laufenden Tarifverhandlungen für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes bisher kein Angebot vorgelegt und keine Bereitschaft gezeigt haben, unsere berechtigten Forderungen zu erfüllen«, erklärte die stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft, Christine Behle. Die Flughafenbeschäftigten, für die seit dem vergangenen Jahr ein einheitlicher Branchentarifvertrag gilt, seien mit ihrer Arbeit sehr wichtig für die reibungslosen Abläufe im Luftverkehr und trügen maßgeblich Verantwortung für die Sicherheit aller Passagiere. Entsprechend hätten sie »eine angemessene Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen verdient«, so Behle weiter. Verdi habe sich bewusst entschieden, den Warnstreik frühzeitig bekanntzumachen, damit Passagiere entsprechend disponieren könnten. Die Gewerkschaft bedauere alle Unannehmlichkeiten, die der Streik für die Fluggäste mit sich bringe, aber ohne den Druck von Arbeitskampfmaßnahmen werde es keine Bewegung in den Verhandlungen geben. Verdi fordert in den Tarifverhandlungen mit Bund und Kommunen acht Prozent Entgeltsteigerungen, mindestens aber 350 Euro mehr monatlich sowie Zuschläge für besonders belastende Tätigkeiten, höhere Ausbildungsvergütungen und drei zusätzliche freie Tage.

Die öffentlichen »Arbeitgeber« haben diese Forderungen zurückgewiesen, da sie angeblich nicht finanzierbar seien. Vom 14. bis zum 16. März soll in Potsdam wieder verhandelt werden. Die bundesweiten Warnstreiks an den Flughäfen sehen Branchenvertreter kritisch. Streiks, »die deutsche Metropolregionen vom internationalen Luftverkehr abschneiden, haben längst nichts mehr mit Warnstreiks zu tun«, meinte Ralph Beisel, Hauptgeschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV) nach ersten Warnstreiks an den Airports in München und Hamburg. An diesem Montag sind Beschäftigte an den Flughäfen Berlin-Brandenburg, Bremen, Dortmund, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Hannover, Köln/Bonn, Leipzig-Halle, München und Stuttgart an den Warnstreiks beteiligt. In München teilte die Flughafengesellschaft mit, dass sich Passagiere auf einen sehr stark reduzierten Flugplan und Verspätungen einstellen müssten. Viele der rund 820 geplanten Flugbewegungen würden vermutlich von den Airlines annulliert. Der Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport versprach, die Fluggäste würden frühzeitig über streikbedingte Änderungen ihrer Flüge informiert.

Als »unverhältnismäßig« bewertete Joachim Lang, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) laut Reuters die bundesweiten Aktionen vorab. Es werde ein kompletter Verkehrszweig flächendeckend stillgelegt – »und das, obwohl Flughäfen und Airlines, aber auch Gastronomie, Einzelhandel und Hotels keine Tarifpartner sind«, sagte er. Der Konflikt werde allein auf dem Rücken der Passagiere ausgetragen, bevor die nächste Verhandlungsrunde überhaupt anstehe. Immerhin erkannte er an, dass das Streikrecht zur »Tarifautonomie der demokratischen und sozialen Marktwirtschaft« gehöre, ein »Freibrief« dürfe es aber nicht sein. Deshalb wünscht er sich neue Verfahrensregeln bei anstehenden Arbeitskämpfen im Bereich der kritischen Infrastruktur. »Bevor es zu einem streikbedingten Stillstand des Verkehrs kommt, sollte künftig im Bereich der kritischen Verkehrsinfrastruktur zumindest der Versuch einer Schlichtung erfolgen.«

Eine solche Regelung könnten die künftige Bundesregierung und auch weitere EU-Staaten in einem »Streikgesetz« regeln. Das ist schon lange Wunsch der Neoliberalen, um das Streikrecht in der »demokratischen und sozialen Marktwirtschaft« einzuhegen: Mit einer Zwangsschlichtung könnte der gefährlichen Bestie Warnstreik endlich der scharfe Zahn gezogen werden.

links & bündig gegen rechte Bünde

Jetzt den kostenlosen jW-Newsletter abonnieren – täglich das Beste aus der Tageszeitung junge Welt, direkt in Ihr Postfach. Ihre E-Mail-Adresse wird natürlich niemals an Dritte weitergegeben.

Ähnliche:

Regio: