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Aus: Ausgabe vom 10.03.2025, Seite 8 / Inland
Prozess im »Budapest-Komplex«

»Wir wollen ihnen nicht das Feld überlassen«

Antifaschistin Hanna S. in JVA Stadelheim isoliert. Behörden inszenieren sie als Terroristin. Ein Gespräch mit Alicia Hausmann
Interview: Henning von Stoltzenberg
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Nach Angriffen auf Neonazis in Budapest: Solidaritätsgruppen fordern bundesweit ein Ende der Gefangenschaft für die Beschuldigten

Der Prozess gegen die Antifaschistin Hanna S. läuft seit dem 18. Februar. Was können Sie über den aktuellen Stand berichten?

Von insgesamt bisher 32 angesetzten Prozesstagen haben zwei stattgefunden. Am ersten gab es vor der JVA Stadelheim eine Kundgebung mit circa 150 Teilnehmenden. Viele konnten ihre Solidarität mit Hanna auch in dem bis auf den letzten Platz gefüllten Hochsicherheitsgerichtssaal zum Ausdruck bringen. Das Eröffnungsplädoyer der Verteidigung konnte in unseren Augen die Unverhältnismäßigkeit und Absurdität der Anklage – etwa der Vorwurf des versuchten Mordes – sehr deutlich machen. Am zweiten Prozesstag äußerte sie sich erstmals selbst und verlas eine Erklärung, auch zu ihren Haftbedingungen.

Eine kleine Überraschung der ersten Zeugenanhörung: Das LKA Sachsen scheint deutlich früher an Ermittlungen gegen Hanna beteiligt gewesen zu sein, als bisher bekannt war. Der Nürnberger Polizeibeamte Holzmann verstrickte sich in Ungereimtheiten und Widersprüche. So bei Fragen nach der Herkunft von vorgehaltenem Bildmaterial. Auch machte er keine Aussage dazu, warum bei einer Durchsuchung bei Hanna in einer völlig anderen Strafsache bereits 2023 das LKA Sachsen beteiligt war, was aus Aktenvermerken zweifelsfrei hervorgeht. Am Dienstag und Mittwoch soll die Beweisaufnahme beginnen.

Wie sind die Haftbedingungen?

Ihr werden auch jetzt in München die meisten Aktivitäten im Gefängnis mit Verweis auf ihre erhöhte Sicherheitsstufe verwehrt. Briefe und andere Post brauchen extrem lange, ihr wird kaum Kommunikation nach außen erlaubt. Hanna wird isoliert, was für eine erhebliche psychische Belastung sorgt, von der offensichtlich unzureichenden medizinischen Versorgung ganz zu schweigen. So sind Hannas Wartezeiten extrem lang, trotz ernstzunehmender gesundheitlicher Probleme und Schmerzen. So wusste der Vorsitzende Richter über die Ergebnisse einer Untersuchung bereits Bescheid, auf deren Ergebnis Hanna seit Wochen wartet. Außerdem macht ihre öffentliche Diffamierung auch vor ihren Mitgefangenen nicht halt: Teils wurde sie für eine Terroristin gehalten, die schlimmer sei als der IS, oder etwa mit Beate Zschäpe (zur Haftstrafe verurteiltes und letztes lebendes Mitglied des Kerntrios des »Nationalsozialistischen Untergrunds«, jW) verglichen.

Sie rufen zur »solidarischen und kritischen« Prozessbeobachtung auf. Was raten Sie dafür?

Es gibt strenge Vorkontrollen. Besucherinnen und Besucher müssen ihren Ausweis vorzeigen. Dieser wird abfotografiert, die Aufnahmen werden am Ende des Tages gelöscht. Es darf kaum etwas in den Saal mit hineingenommen werden, auch keine Handys – die also am besten zu Hause lassen. Laut Sicherheitsverfügung ist es auch verboten, »Kleidung mit politischen Aussagen« zu tragen. Ebenso muss mit langen Wartezeiten in der Kälte gerechnet werden.

Unser Ziel ist, Hanna und der gesamten Öffentlichkeit zu zeigen, dass sie nicht allein ist und wir solidarisch sind mit Antifaschistinnen und Antifaschisten, die vom deutschen Staat verfolgt werden. Wir wollen das Feld nicht den Diffamierungen durch die Behörden überlassen. Es wird Prozesstage geben, an denen die »Geschädigten«, also Neonazis, geladen werden. Vor allem dann versuchen wir, den Gerichtssaal voll zu besetzen, damit andere Nazis als Zuschauer keinen Platz haben.

Was sind die nächsten Schritte Ihrer Solidaritätskampagne?

Wichtig ist für uns, auf die anderen im »Budapest-Komplex« Verfolgten hinzuweisen, insbesondere auf Maja und Zaid. Letzterer befindet sich als syrischer Staatsbürger in Auslieferungshaft, ihm droht die Auslieferung ins rechtsautoritäre Ungarn – ein Schicksal, das Maja bereits ereilt hat, wobei das Bundesverfassungsgericht die Unrechtmäßigkeit dieser Auslieferung feststellte. Wir fordern die Freilassung aller inhaftierten Antifaschistinnen und Antifaschisten. Wir fordern: keine Auslieferung! Freiheit für Maja, Zaid und Hanna! Freiheit für Gino, Nanuk, Tobi, Johann, Paula, Nele, Luca, Paul, Moritz und Clara!

Alicia Hausmann ist Sprecherin des »Solikreises München«

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