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Aus: Ausgabe vom 10.03.2025, Seite 5 / Inland
Maritime Wirtschaft

Sanierungsstau bei Seehäfen

Niedersachsen: Minister beklagt marode Infrastruktur und unklare Bundesfinanzierung
Von Burkhard Ilschner
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Könnte mal einen frischen Farbanstrich vertragen, der Hafen in Cuxhaven (18.10.2024)

Niedersachsens Verkehrs- und Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) ist für bescheidene Formulierungen eher nicht bekannt: Kein Wunder also, dass er in der vergangenen Woche von nicht weniger als »gigantischen Herausforderungen« sprach, als er in Oldenburg gemeinsam mit der Marketinggesellschaft Seaports sowie der Häfenverwaltung Niedersachsen Ports (NPorts) die Jahresbilanz 2024 der landeseigenen Seehäfen Brake, Cuxhaven, Emden, Leer, Nordenham, Oldenburg, Papenburg, Stade und Wilhelmshaven vorstellte. Dabei meinte er mit diesen drastischen Worten eigentlich weniger die neun Häfen selbst, denn deren Ergebnisse lesen sich in weiten Teilen besser als erwartet. Vielmehr geht es dem Minister um die Gefahren, denen die Hafen- und Verkehrswirtschaft nicht nur Niedersachsens ausgesetzt ist: Marode Infrastruktur, massiver Sanierungsstau und eine nach wie vor unklare Seehäfenfinanzierung – Kritik an alter, Forderung an neue Bundespolitik.

Insgesamt haben die neun Häfen im Jahr 2024 einen Gesamtumschlag von rund 55,5 Millionen Tonnen erzielt. Das bedeutet zwar ein Plus von fast zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr, als 50,58 Millionen Tonnen bilanziert worden waren; und es ist zugleich das beste Ergebnis der vergangenen zehn Jahre. Allerdings sind die Entwicklungssprünge (trotz jährlicher Investitionen im jeweils dreistelligen Millionenbereich) insgesamt eher marginal – mal ein bisschen rauf, mal runter. Das niedrigste Ergebnis der Dekade brachte das Coronajahr mit 48,5 Millionen Tonnen.

Im Fokus der Aufmerksamkeit steht natürlich Wilhelmshaven als mit Abstand größter Landeshafen (35,3 Millionen Tonnen), dessen Tiefwasserterminal Jade-Weser-Port (JWP) ja erst jüngst für erneute Schlagzeilen sorgte. Die drohende Insolvenz wegen eines fälligen Kredits in Höhe von 125 Millionen Euro scheint aber inzwischen vom Tisch. Olaf Lies hat seinen Anteil zugesagt und Bremen mittlerweile auch.

8. Mai

In Wilhelmshaven war – neben beträchtlichen Zuwächsen sowohl bei Massengütern (»flüssige« plus acht, »feste« plus 13 Prozent) als auch im Fahrzeugumschlag – im vergangenen Jahr, wie bereits berichtet, vor allem das Plus von 59 Prozent im Containerumschlag am JWP auffällig. 2022 hatte Hapag-Lloyd den Betreiberanteil der dänischen Reederei Mærsk übernommen und seither mehrere Verbindungen von Hamburg an die Jade verlagert. Von dem Anfang Februar gestarteten neuen Gemini-Bündnis von Hapag-Lloyd und Mærsk wird weiterer Zuwachs am JWP erwartet. Allerdings liegt das jüngste Rekordergebnis von rund 0,84 Millionen TEU (Twenty-Foot Equivalent Unit, Maßeinheit für 20-Fuß-Standardcontainer) immer noch weit unter der amtlichen Kapazitätsmarge von 2,7 Millionen TEU.

Drei Häfen mussten 2024 Umschlagsrückgänge hinnehmen: Oldenburg mit -83, Brake mit -11 und Nordenham mit -24 Prozent. Das hat einen ebenso einfachen wie beachtlichen Grund: Gleich zweimal waren 2024 Schiffe mit einer Brücke über das Flüsschen Hunte kollidiert. Die nachfolgenden Sperrungen legten den kleinen Hafen Oldenburg fast völlig lahm – und beeinträchtigten das Umschlagsgeschehen sowohl in Brake als auch in Nordenham, weil beide von den für sie wichtigen Bahnverkehren abgeschnitten waren.

Das führt zum eingangs zitierten Statement von Olaf Lies über marode Infrastruktur und unklare Seehäfenfinanzierung: einerseits zum Zustand der Bahn und den Abhängigkeiten nicht nur der Häfen von ihrem zuverlässigen Funktionieren, andererseits zur bis heute unklaren Bundesfinanzierung von Seehäfen. Deren ökonomische Bedeutung reicht ja weit über die Küste hinaus, betrifft die gesamte Republik. 38 Millionen Euro jährlich zahlt der Bund derzeit für alle nationalen Häfen, 500 Millionen Euro jährlich plus Sanierungsbeitrag fordern die Küstenländer – zugesagt war eine Klärung in der Hafenstrategie des Bundes, umgesetzt wurde davon bislang nichts.

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