Profitalarm in Autobranche
Von Klaus Fischer
Am Freitag vermeldete der Lkw-Hersteller Daimler Truck schlechte Nachrichten für Anteilseigner und Beschäftigte: Im vergangenen Jahr hat der Dax-Konzern ein »Ergebnis« (Gewinn) erzielt, das um 15 Prozent unter dem des Vorjahres lag. Für den 2021/22 von der inzwischen als Mercedes-Benz Group firmierenden Autoschmiede abgetrennten Sparte (der Stuttgarter Konzern hält noch 35 Prozent der Aktien) kam das böse Erwachen später als das der etablierten Großkonzerne VW, BMW und der besagten Stuttgarter Group – aber der Industrie- und Branchenkrise konnte auch der Truckbereich nicht entkommen.
Allerdings wurden die auf Pkw orientierten Hersteller bislang stärker durchgeschüttelt: So gab auch BMW Ende letzter Woche bekannt, dass »die ganz fetten Jahre« (dpa) vorbei seien. Nach Steuern habe der Konzern zwar 7,7 Milliarden Euro verdient, aber ein Profitrückgang bereitet auch Superreichen Schmerzen. Der lag im Jahresvergleich bei 37 Prozent. Bei VW ging es laut dpa um 31 Prozent auf 12,4 Milliarden Euro zurück, bei Mercedes um 28 Prozent auf 10,4 Milliarden Euro.
Vielen Experten und Journalisten gilt BMW als der am besten geführte BRD-Autokonzern. Das dürfte man in Wolfsburg und Stuttgart nicht gern hören, zeigte sich aber regelmäßig in den Ergebnissen. Eine Nuance dezenter nahmen sich die Bayern auch der vermeintlichen Jahrhundertchance Elektromobilität an. Zwar beglückte auch BMW die Landschaft mit überdimensionierten und sündhaft teuren E-SUVs. Allerdings tat man – im Gegensatz zu VW und Mercedes – nicht so, als hätte man die Verbrenner am liebsten schon vorgestern aus dem Angebot genommen.
In den Konzernzentralen setzt man trotz Krise auf Zuversicht. Vergangenen Donnerstag hatte Mercedes-Benz-Konzenchef Ola Källenius in Rom einen neuen Hoffnungsträger vorgestellt: das neueste Modell CLA. Mit dem wollen die Stuttgarter Manager in eine »neue Ära« starten. Pompöses Marketing kann aber kaum über ein Grundproblem hinwegtäuschen: Der Konzernchef bejubelte den CLA als das erste Fahrzeug des Unternehmens, das nach dem Prinzip »Electric First« gebaut wird. Dessen technische Daten seien beeindruckend, auch unterliege der CLA nicht mehr den Restriktionen eines Verbrenners.
Damit verwies er unfreiwillig darauf, dass die potentiellen Käufer elektrischer Fahrzeuge auch Mercedes im vergangenen Jahr harsch den Rücken gekehrt hatten. Resultat: Ein Minus von 23 Prozent. Aber Top-Kapitalfunktionäre besitzen Lernfähigkeit. Ein wenig verschämt verwies der Konzern nun darauf, dass der CLA auch mit Benzinbetrieb angeboten werde: »Die Wünsche und Mobilitätsbedürfnisse« der Kunden bestimmten das Tempo der Transformation, hieß es aus Stuttgart. Deshalb folge Ende 2025 der CLA als Hybrid mit Benzinmotor und einem 48-Volt-Bordnetz.
Werden Verluste oder Profitrückgänge vermeldet, muss das Management mit einer plausibel erscheinenden Begründung rüberkommen. Das fällt zunehmend schwerer, auch wenn Lkw-Hersteller weniger heftig mit dem Hauptproblem des gesamten Industriezweiges geplagt sind: dem zum Teil existenzgefährdenden Absatzrückgang bei E-Fahrzeugen. Daimler Truck konnte wenigstens auf gute Ergebnisse im Nordamerikageschäft und in der Bussparte verweisen. In Europa und Asien plagen das Unternehmen allerdings Nachfragerückgänge. Mercedes-Benz Trucks, das Europageschäft, verzeichnete sogar einen Gewinnrückgang um 35 Prozent – bei 20 Prozent weniger Absatz. Daran war hauptsächlich der schwache deutsche Markt schuld – was zur Unterauslastung der Werke führte.
Die Krise der Branche ist bekanntlich nicht nur auf die für Management, Medien und Regierung nicht einkalkulierte Kundenabstinenz bei E-Autos zurückzuführen. Deutschlands – und Westeuropas – wirtschaftliche Stagnation bzw. Rezession ist auch nicht hinreichend mit aggressiven asiatischen Konkurrenten, Trumpschen Zolldrohungen oder Putins »Angriffskrieg« zu erklären. Nein, sie basiert hauptsächlich auf einer von Regierungen und Lobbyisten durchgedrückten Energiepolitik, die besonders in Deutschland den Anforderungen einer hochindustrialisierten Weltregion nicht genügt. Hier scheint keine Wende in Sicht.
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