Sechs Partien Boulez
Von Pierre Deason-Tomory
Die deutschsprachigen Kulturradios haben viel Sendezeit freigemacht, um Pierre Boulez zu würdigen; der Franzose wäre am 26. März hundert Jahre alt geworden. Gleich drei Stunden lang ist das Feature »Vom Revoluzzer zum Grandseigneur«, das einen Überblick über Leben und Werk des Komponisten und Musikforschers geben soll (SWR 2025, So., 20.03 Uhr, HR 2 Kultur, SWR Kultur). Ins Detail geht Simon Tönies mit »Polyphonie X und das Wagnis der seriellen Musik«, er erzählt ein »sperrig-schön klingendes Stück Musikgeschichte« (Fr., 22.30 Uhr, DLF Kultur). Am Sonntag abend muss man sich zwischen zwei Konzerten entscheiden, die teilweise gleichzeitig übertragen werden: Das eine ist der Mitschnitt des Abends »Ensemble Intercontemporain feiert Pierre Boulez«, aufgenommen am 6. Januar in der Pariser Philharmonie (19.45 Uhr, Ö 1). Das andere Konzert, »Pierre Boulez 100«, ist eine Aufzeichnung aus der Philharmonie Berlin vom April 2009. Es gab Stücke von Gustav Mahler und Elliott Carter, Boulez dirigierte und Daniel Barenboim spielte Klavier (20 Uhr, DLF). Die Schweizer Kollegen von SRF 2 Kultur steigen in der darauffolgenden Woche in die Geburtstagsfeierlichkeiten ein. Am 27. März gibt es Boulez mit Ravel, Bartók, Strawinsky und Eigenem bei den »Internationalen Musikfestwochen Luzern 1997« (20 Uhr) und am 30. März den Meister mit Mahler und Debussy beim »Lucerne Festival 2009« (16 Uhr).
Programmvorschläge für die kommenden sieben Tage: Das Feature »Feindbild Frauen« berichtet vom antifeministischen Backlash in Argentinien unter Präsident Milei (DLF 2025, Di., 19.15 Uhr, DLF). Obdachlosigkeit ist ein stressiger Fulltimejob, erzählt eine ehemalige Treberin im »Doppelkopf« mit Katharina Guleikoff (Mi., 12.04 und 23.04 Uhr, HR 2 Kultur). Tief in den Abgrund geht es im Hörspiel »Rechnitz« nach dem Theaterstück »Der Würgeengel« von Elfriede Jelinek (BR 2011, Mi., 22.05 Uhr, DLF Kultur). Das Stück »Wo bist Du? Verschollen auf der Flucht (1/2)« handelt von der verzweifelten Suche nach Angehörigen, die auf dem Weg nach Europa verschwunden sind (Studio Jot, DW, NDR, RBB, SWR, WDR 2024, Fr., 15.05 Uhr, SWR Kultur). Seinen 1936 ermordeten Vater, beziehungsweise dessen Gebeine, fand der 90jährige Spanier Fausto Canales in einem ruchlosen Mausoleum der Franco-Faschisten bei Madrid, seine Ruhestätte war »Die Kiste 198« (DLF 2024, Sa., 11.05 Uhr, DLF). Eine andere Suche nach dem eigenen Vater, eine auf den Pfaden seines Niedergangs, hat Leon Engler im Hörstück »Satellitenbilder deiner Kindheit« verarbeitet (WDR 2022, Sa., 19.04 Uhr, WDR 3).
Komisch ist auch die Oper nicht, die hier für den Samstagabend vorgeschlagen wird, aber zum Sterben schön: »Káťa Kabanová« von Leoš Janáček, mitgeschnitten am Montag in der Bayerischen Staatsoper München (19.05 Uhr, DLF Kultur). Junkies werden nicht alt, könnte man denken, eine Recherche auf den Straßen und in den Altenheimen Hannovers widerlegt diese Vorstellung, zusammengefasst im Feature »Heroin im Alter« (DLF Kultur, NDR 2024, So., 13.04 Uhr, Mo., 20.03 Uhr, WDR 5). Eine bissige Satire aus der Adenauer-Zeit ist das Hörspiel »Großer Ring mit Außenschleife« über einen Straßenbahnfahrer, der, von Amts wegen ausgemustert, seine alte Tram entführt (HR, SDR 1957, So., 14.04 Uhr, HR 2 Kultur). Ganz neu dagegen das Stück »Es gibt kein richtiges Leben, ihr Flaschen!« von Andi Unger. Beim Skifahren auf den Kopf gefallen, erkrankt ein Soziologe schwer an Adorno (BR 2025, So., 15.05 Uhr, Bayern 2). Keine Panik! Adorno ist inzwischen heilbar.
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