Vonovias miese Geschäfte
Von Oliver Rast
Das klingt doch logisch, oder? Verluste einfahren und Dividenden für Aktionäre erhöhen. Bei Europas größtem Wohnimmobilienkonzern Vonovia ist das kein Problem. Die machen das, die können das. Auf Kosten der Mieter, sagen Kritiker.
Nun, am Mittwoch präsentierte das Unternehmen aus Bochum das Zahlenwerk für das Geschäftsjahr 2024. Unter dem Bilanzstrich steht ein Verlust von 962 Millionen Euro. Richtig, das ist deutlich weniger als ein Jahr zuvor mit einem Fehlbetrag von fast 6,8 Milliarden Euro. Dennoch, der Konzern mit seinen rund 540.000 Wohnungen in Deutschland, Schweden und Österreich schreibt weiter rote Zahlen, macht Miese.
Eine Trendwende behauptet hingegen Rolf Buch. »Alle wesentlichen Kennzahlen erreichen das obere Ende der Prognosen«, wurde der Vonovia-Boss am Mittwoch in einer Mitteilung zitiert. Das Unternehmen schalte wieder auf einen Wachstumskurs um, komme früher als viele andere aus der Krise. Die vergangenen drei Jahre habe sich Vonovia auf das Kerngeschäft konzentriert und rund elf Milliarden Euro an zusätzlichem Cash generiert. Buch: »Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht.« Davon sollen Anteilseigner profitieren. Zuallererst. Für 2024 erhalten Aktionäre des Immohais eine Dividende von 1,22 Euro je Aktie, nach 90 Cent 2023. Lohnt sich, mit Wertpapieren des Dax-Konzerns zu spekulieren.
Und erst im Januar hatte Vonovia mittels Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag den früheren Hauptkonkurrenten Deutsche Wohnen final geschluckt. Damit erhöhe sich der unternehmerische Handlungsspielraum, betonte Buch. Wofür, um mehr zu bauen? Eher nicht. 2024 hat Vonovia 3.747 Wohnungen fertiggestellt. Für das laufende Jahr sei der Baustart für rund 3.000 neue Einheiten geplant, hieß es aus der Bochumer Firmenzentrale. Fraglich ist ferner: Was wird für wen gebaut, bezahlbarer Wohnraum? Kaum.
Denn Vonovia gilt als »Mietentreiber mit zweifelhaften Methoden«, teilte das Mieterbündnis »VoNOvia & Co.« anlässlich des Geschäftsberichts am Dienstag mit. Ein Vorwurf: Durch intransparente Eigenbelege für Neben- und Modernisierungskosten versuche Vonovia, aus der Abrechnung von »Umlagen« Überschüsse zu erzielen. Stimmt das? Für solcherlei Dienstleistungen gelte das Wirtschaftlichkeitsgebot; sprich, die Preise müssten angemessen sein, erklärte Vonovia-Pressesprecherin Jana Kaminski am Mittwoch auf jW-Nachfrage. »An dieses Gebot halten wir uns.« Noch ein Vorwurf: Der Immobilienriese biete in Städten ohne Mietpreisbremse – etwa in Magdeburg, Brandenburg (Havel) und Halle (Saale) – freigewordene Wohnungen zu Preisen weit über den Mittelwerten der lokalen Mietspiegel an, so die Bündniskritiker. Stimmt das? Kaminski: »Wir halten uns bei Mietpreisen an rechtliche Vorgaben.« Ausnahmslos. Etwaige Unstimmigkeiten bei konkreten Beispielen würden angeschaut und geprüft.
Lukas Siebenkotten beruhigt das nicht. Der Mietpreistreiberei müsse der Gesetzgeber endlich ein Ende setzen, forderte der Präsident des Deutschen Mieterbundes (DMB) am Mittwoch gegenüber jW. Wie? »Dafür muss schleunigst die Mietpreisbremse verlängert und verschärft werden.« Zudem sei Mietwucher juristisch zu ahnden. Und nicht zuletzt seien Mieterhöhungsmöglichkeiten in bestehenden Mietverhältnissen zu begrenzen und in angespannten Mietwohnungsmärkten auszusetzen. Komplett für sechs Jahre. Mindestens. Nur so lasse sich das gewinnmaximale Streben von Vonovia und Co. eindämmen.
Das findet gleichfalls Rainer Balcerowiak, der Pressesprecher der Berliner Mietergemeinschaft (BMG), im jW-Gespräch. Das Grundproblem: Während sich Vonovia-Anteilseigner wie der Vermögensverwalter Blackrock über eine üppige Dividendenausschüttung freuen, »haben wir als Mieterorganisation permanent mit den profitgetriebenen Praktiken des Konzerns zu tun«. Wohnen gehöre zur sozialen Daseinsvorsorge und müsse reguliert werden. Auch mittels Zerschlagung und Vergesellschaftung von Immohaien. Oder wie die mieten- und wohnungspolitische Sprecherin der Bundestagsgruppe von Die Linke, Caren Lay, gegenüber jW bemerkt: »Vonovia ist ein Finanzkonzern und sollte keine Wohnungen bewirtschaften.« Klingt doch logisch, oder?
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