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Aus: Ausgabe vom 21.03.2025, Seite 7 / Ausland
Balkan

Allianz gegen Serbien

Vertreter aus Zagreb, Tirana und Priština schmieden Militärbündnis. Belgrad sieht das mit Sorge
Von Roland Zschächner
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Die Gegner Serbiens verbünden sich: Kroatiens Verteidigungsminister (l.) wird im Kosovo empfangen (Priština, 27.3.2024)

Globale Veränderungen zeigen sich im Kleinen. Ein Beispiel ist ein bislang wenig beachtetes Abkommen, das die Verteidigungsminister Kroatiens, Albaniens und der von Serbien abgespaltenen Provinz Kosovo am Dienstag in Tirana abgeschlossen haben. Hintergrund für die geplante Zusammenarbeit sind laut den Unterzeichnern die »sich verändernden geopolitischen Umstände und das erhöhte Sicherheitsrisiko in Südosteuropa«. Auf den beiden Ebenen Rüstung und Ausbildung der Soldaten wolle man künftig kooperieren, mit dem Ziel, dass die beteiligten Armeen »besser kompatibel« werden. In einer Phase regionaler und internationaler Krisen ist damit der Status quo auf dem Balkan in Frage gestellt.

Auf Ablehnung stößt das Dreierbündnis in Belgrad. Der serbische Präsident Aleksandar Vučić erklärte noch am Abend der Unterzeichnung: »Wir haben sie verstanden und sind sehr besorgt.« Vučić, der wegen der anhaltenden Proteste im Land innenpolitisch unter Druck steht, wies darauf hin: »Wir haben unsere Doktrin, und ich bin sicher, dass es uns gelingen wird, die Stabilität zu wahren und uns gegen jeden potentiellen Angreifer zu verteidigen.« Aus dem Außenministerium in Belgrad hieß es, Serbien sei »Garant für Frieden und militärische Neutralität auf dem Balkan« und deswegen »besonders beunruhigt, dass dieses Militärbündnis ohne Konsultation mit Belgrad gebildet wurde«.

Zwar wiegelte das kroatische Verteidigungsministerium ab und ließ verlautbaren, dass man »ein großes Interesse an Stabilität und Sicherheit in diesem Teil Europas und insbesondere im Kosovo« habe. Das dürfte die Bedenken in Belgrad aber nicht verringern. Zum einen, weil Kroatien, dem Vučić bescheinigte, militärisch stark zu sein, hinter dem Rücken Serbiens ein Bündnis schmiedet, das auch weitere Nachbarländer umfasst. Damit wird die historische Konkurrenz zwischen den beiden ehemaligen jugoslawischen Republiken befeuert. Zum anderen ist die Aufrüstung und Militarisierung des Kosovo eine Gefahr für die dort lebenden Serben und die serbische Regierung.

Belgrad betrachtet das Kosovo nach wie vor als eigenes Staatsgebiet. Priština hatte sich nach dem NATO-Bombardement 1999 und vor dem Hintergrund erheblicher westlicher Hilfe 2008 einseitig und völkerrechtswidrig von Belgrad losgesagt. Das wird nur von einem Teil der Staaten weltweit anerkannt. Zugleich ist es dem Kosovo laut UN-Resolutionen nicht gestattet, ein eigenes Militär zu unterhalten. Doch das wird von Priština seit Jahren hintergangen. So stimmte 2018 eine Mehrheit des Parlaments im Kosovo dafür, die bisherigen »Sicherheitskräfte« in eine Armee umzuwandeln. Wenn diese nun mit Hilfe Kroatiens und Albaniens aufgerüstet werde, sei das, so das serbische Außenministerium, »ein direkter Schlag gegen die internationale Rechtsordnung und eine Bedrohung für den Frieden in der Region«.

Am meisten dürfte Priština von der neuen Allianz profitieren. Entsprechend hob der kroatische Verteidigungsminister Ivan Anušić nach der Unterzeichnung nicht nur allgemein hervor: »Um die Verteidigungskooperation weiter auszubauen, möchten wir unser Wissen und unsere Erfahrungen mit Partnern teilen und die Zusammenarbeit zwischen den Rüstungsindustrien unserer Länder stärken.« Ausdrücklich als Ziel nannte Anušić, »das Kosovo und Albanien auf ihrem euro-atlantischen Weg zu unterstützen«.

Doch es soll nicht nur bei einem Dreierbündnis bleiben: »Es gibt weitere Partner aus der NATO und der EU, die daran interessiert sind, sich an der Initiative zu beteiligen«, so Anušić. Wer zu dem Bündnis hinzustoßen könnte, geht aus der Stellungnahme des serbischen Außenministeriums hervor: Bulgarien. Das von Marko Đurić geleitete Ministerium verband das mit einer Bitte um Aufklärung: »Wenn sich dieses Abkommen, wie behauptet, gegen niemanden richtet, verlangen wir eine Erklärung, warum Serbien von jeglichen Verhandlungen über kollektive Sicherheit in der Region ausgeschlossen ist.« In Belgrad erwarte man nun Antworten »zu den wahren Absichten und letztendlichen Zielen dieses gefährlichen militärisch-sicherheitspolitischen Spiels«.

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  • Leserbrief von Onlineabonnent/in Marc P. aus Cottbus (20. März 2025 um 22:28 Uhr)
    Schon interessant, wie auch 80 Jahre später immer wieder dieselben Bündnispartner zueinander finden.

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