Dein roter Faden in wirren Zeiten
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Aus: Ausgabe vom 28.03.2025, Seite 10 / Feuilleton
Metal

Todesstern aus Katzengold

Das neue Album der Black-Metal-Jazzer Imperial Triumphant
Von Ken Merten
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»High class, low life / Flesh sells, it never stopped« – Imperial Triumphant

Neun Stücke der Güteklasse A habe Imperial Triumphant mit ihrem sechsten Studioalbum »Goldstar« produziert. So liest man es jedenfalls auf dem Cover, das eine güldene Roboterin mit weit mehr als Körbchengröße A ziert, die zwischen zwei unwirtlichen Häuserschluchten etwas zu servieren scheint, dessen Dampf in geraden Linien zur Metropolissubstanz beiträgt.

Die 2005 in New York City gegründete Jazz-Metal-Band kokettiert mit der Dekadenz vergangener Tage, um auf die gegenwärtige zu verweisen: Sie tragen schwarze Seidenroben und babylonisch anmutende Masken. Ihr Klang ist genauso wenig schmiegsam wie der Dampf auf dem Plattendeckel von »Goldstar«, dabei aber weit gebrochener: Bassist Steve Blanco snappt die Goldene Ära in den Untergang; das Imperium positioniert sich am Abgrund, man möchte es treten. Kenny Grohowski fuchtelt sich am Schlagzeug durch Rhythmen, die er vormonotheistischen Traktaten entnommen haben muss. Vollends übergeschnappt ist man im Song »Pleasure­dome« geworden, für den sich das Trio Schützenhilfe von den Drummern David Lombardo (u. a. ehemals Slayer) und Tomas Haake (Meshuggah) ranholte, als bräuchte es keine Kanone, um den Spatz zu erlegen, sondern ein regelrechtes Trommelfeuer. Gitarrist und Leadsänger Zachary Ezrin grummelt dabei beschwörend ins Mikrofon; der Stadt, die niemals, aber bald für immer schläft, dient er sich als Medium an. Der Trump Tower grollt, ehe er einbricht. »Goldstar« erlischt, noch während der Stern blendend grell leuchtet.

So menschenunfreundlich Black Metal auch ist, so sehr ist er doch eine akzelerationistische Fortschrittsgeschichte: Eine bessere Einrichtung ist machbar, verhindert wird sie aber von der mangelhaften Moderne, für die wahlweise Christen, Juden, Kommunisten, Muslime oder alle zusammen verantwortlich gemacht werden – manchmal, ganz selten, landen auch die Richtigen auf dem Pranger.

Imperial Triumphant feiern das, was sie satthaben: Chic und Größe des »Gomorrah Nouveaux« sind die Oberflächen, hinter denen Mechanismen walten. Unter der Chromhaut wird der Mensch gemahlen. »High class, low life / Flesh sells, it never stopped« – die Einrichtung des profanen Paradieses für die einen bedingt die Hölle der anderen. Auch zwischen den Kriegen herrscht in Karthago kein Frieden, nur Aufstieg und Niedergang.

Imperial Triumphant: »Goldstar« (Century Media Records)

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