Berliner SPD-Politikerin verurteilt
Von Max Ongsiek
Wo sich bei politischen Amtsträgern private und dienstliche Interessen überschneiden, kann es teuer werden. Das bekam nun auch die frühere Berliner Arbeits- und Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) zu spüren. Sie ist am Freitag in einem Korruptionsprozess wegen Bestechlichkeit zu einer Bewährungsstrafe von eineinhalb Jahren verurteilt worden. Zusätzlich brummte ihr das Gericht eine Geldstrafe von 36.000 Euro auf. Die Sozialdemokratin hatte nach Auffassung des Gerichts der Werbeagentur, die ihre Hochzeitsfeier in Höhe von 11.200 Euro geplant und organisiert hatte, kein Geld gezahlt. Statt dessen verschaffte Kalayci der Agentur einen einträglichen Auftrag aus ihrer Gesundheitsverwaltung.
Der ebenfalls angeklagte Agenturchef wurde zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt. Der Prozess wurde an insgesamt 13 Verhandlungstagen geführt. Befragt wurden Zeugen aus dem privaten Umfeld der früheren Senatorin sowie die Beschäftigten der involvierten Werbeagentur. Darüber hinaus wurden Mitarbeiter der Senatsverwaltung vernommen, wie das Landgericht in einer Mitteilung erläuterte. Demnach standen der Kammer sichergestellte Chatverläufe zur Verfügung.
Schon zu Beginn des Prozesses im Januar 2025 wies Kalayci die Vorwürfe zurück. Verantwortlich für die Durchführung der Feier sei ihr Ehemann gewesen. »Ich bin sehr wütend darüber, dass es meinem Mann nicht aufgefallen ist und er mich nicht darüber informiert hat, dass von der Agentur keine Rechnung kam«, sagte die Exsenatorin dazu. Ihr späterer Einsatz dafür, dass die Agentur den Zuschlag für die Kampagne zur Pflegeausbildung bekam, habe nichts mit den im Zusammenhang mit der Hochzeit erbrachten Leistungen zu tun, betonte Kalayci. Denn schon im Januar 2019 habe für sie festgestanden, dass die Agentur den Zuschlag für die Kampagne »Pflege Deine Zukunft« erhalten werde, also Monate bevor der Auftrag für die Hochzeit folgte. Dieser Linie blieb der Verteidiger der Politikerin, Rechtsanwalt Robert Unger, treu. Er forderte noch am letzten Prozesstag einen Freispruch.
Das sah das zuständige Landgericht anders. Es betonte in seiner Mitteilung, »dass zwischen der unterlassenen Rechnungsstellung und der Auftragsvergabe eine Verknüpfung in Form einer Korruptionsvereinbarung bestanden habe«. Wie die Anklage ausführte, setzte sich Kalayci in ihrer Funktion als Berliner Gesundheitssenatorin tatsächlich später für die Vergabe des Auftrags an die Agentur ein, die daraufhin 2020 und 2021 Zuwendungen aus Haushaltsmitteln in Höhe von rund 268.000 Euro erhielt. Davon gingen laut Gericht 9.500 Euro Gewinn an den Inhaber der Agentur und 7.400 Euro an die Agentur.
Binnen einer Woche kann die SPD-Politikerin via Revision die Entscheidung noch beim Bundesgerichtshof anfechten. Ihr Verteidiger kündigte noch am Freitag an, gegen das Urteil vorgehen zu wollen.
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